Breitrand-Spitzkopfschildkröte, Emydura macquarii, © Bruce C. Chessman
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Beale - 2024 - 01

Beale, D. J., D. Limpus, G. Sinclair, U. Bose, N. Bourne, S. Stockwell, D. C. Lettoof, R. Shah, T. V. Nguyen, V. Gonzalez-Astudillo, C. Braun, A. Myburgh, B. Baddiley, T. Shimada, C. Limpus & S. Vardy (2024): Forever chemicals don't make hero mutant ninja turtles: Elevated PFAS levels linked to unusual scute development in newly emerged freshwater turtle hatchlings (Emydura macquarii macquarii) and a reduction in turtle populations. – Science of The Total Environment 956: 176313.

Forever-Chemikalien machen aus Helden keine mutierten Ninja-Schildkröten: Erhöhte PFAS-Werte stehen im Zusammenhang mit der ungewöhnlichen Entwicklung von Schuppen bei frisch geschlüpften Süßwasserschildkröten (Emydura macquarii macquarii) und einem Rückgang der Schildkrötenpopulationen.

DOI: 10.1016/j.scitotenv.2024.176313 ➚

Breitrand-Spitzkopfschildkröte, Emydura macquarii, – © Bruce C. Chessman
Breitrand-Spitzkopfschildkröte,
Emydura macquarii,
© Bruce C. Chessman

Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind persistente Umweltkontaminanten, die bekanntermaßen erhebliche Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellen. Süßwasserschildkröten (Emydura macquarii macquarii) sind als langlebige Arten, die aquatische Ökosysteme bewohnen, besonders anfällig für die Bioakkumulation von PFAS. Diese Studie untersuchte die vielfältigen Auswirkungen der PFAS-Kontamination auf diese Schildkröten, wobei der Schwerpunkt auf Stoffwechselstörungen, Fortpflanzungserfolg, Gesundheit der Jungtiere und Auswirkungen auf die Population lag. Es wurden umfassende Analysen, einschließlich Proteomik, Lipidomik, Metabolomik und Histopathologie, an Schildkröten von PFAS-belasteten, Kontroll- und Referenzstandorten durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen signifikante Stoffwechselstörungen bei PFAS-exponierten Schildkröten, mit Veränderungen im Aminosäuren- und Lipidstoffwechsel, in der Energieproduktion und in den Reaktionen auf oxidativen Stress. Die Proteomanalyse identifizierte mehrere Gesundheitsbiomarker, die auf ein frühes Fortschreiten der Krankheit hinweisen. Trotz hoher PFAS-Werte in Geweben und Organen wurden keine groben oder histopathologischen phänotypischen Anomalien direkt mit der PFAS-Exposition in Verbindung gebracht. Gravide Weibchen von kontaminierten Standorten wiesen eine veränderte Eizusammensetzung auf, insbesondere im Verhältnis von Magnesium zu Kalzium, was sich möglicherweise auf die Stärke der Eierschale auswirkt. Die biochemischen Profile von Eialbumin und Eigelb wiesen auf signifikante Unterschiede bei Metaboliten und Lipiden zwischen kontaminierten und Referenzstandorten hin, was auf mögliche Auswirkungen auf die Embryonalentwicklung andeutet. Missbildungen bei Jungtieren waren an den von PFAS betroffenen Standorten deutlich häufiger und traten häufiger in Bezug auf die Art der Missbildungen auf, wobei häufige Defekte wie abnormale Schildformen und eine geringere Anzahl von Randschilden auftraten. Darüber hinaus zeigte das demografische Profil der Schildkrötenpopulation einen Mangel an Jungtieren an kontaminierten Standorten, was auf eine geringere Rekrutierung und potenzielle langfristige Populationsrückgänge hindeutet. Dies deutet auf einen feldbasierten Nachweis eines Adverse Outcome Pathway hin, von erhöhten PFAS-Werten bei den Schildkröten über biochemische Störungen bei den Tieren bis hin zu Auswirkungen auf die Population. Diese Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit von Regulierungsmaßnahmen zur Bekämpfung der PFAS-Kontamination und ihrer schädlichen Auswirkungen auf wildlebende Tiere.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Nun diese sogenannten „Forever-Chemikalien“ sind ja nicht nur für Schildkröten und andere Tiere, sondern auch für uns äußerst gefährlich und kommen vielerorts immer noch zum Einsatz und wir kennen sie alle in Form von beschichteten Pfannen und anderen substanzabweisenden Oberflächenbeschichtungen. Was aber bei dieser Studie insbesondere auffällt, ist die Beobachtung, dass eben auch häufig auftretende Schildanomalien und Populationsrückgänge, die sich nicht durch Inzucht oder genetischen Diversitätsverlust erklären lassen, durchaus ein Anzeichen für solche Umweltbelastungen sein können. Siehe auch Velo-Anton et al. (2012) und Horvath et al. (2021).

Literatur

Horváth, E., S. Danko, P. Havaš, M. Schindler, M. Šebela, B. Halpern, B. Csibrány, B. Farkas, P. Kaňuch & M. Uhrin (2021): Variation in shell morphology of the European pond turtle, Emys orbicularis, in fragmented central European populations. – Biological Journal of the Linnean Society 132(1): 134-147 oder Abstract-Archiv.

Velo-Anton, G., C. G. Becker & A. Cordero-Rivera (2012): Turtle Carapace Anomalies: The Roles of Genetic Diversity and Environment. – PLoS One 6(4): e18714 oder Abstract-Archiv.

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