Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, sitzt sonnend am Ufer – © Hans-Jürgen Bidmon
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Leonetti - 2025 - 01

Leonetti, Francesco Luigi, A. Crescente, Claudia Valerioti, G. Paolillo, Gianni Giglio, Ilaria Bernabò, Sandro Tripepi & Emilio Sperone (2025): How microhabitat characteristics influence the females’ nest site selection of the invasive alien species Trachemys scripta in the Angitola Lake (Calabria, Southern Italy). – The European Zoological Journal 92(1): 695-708.

Wie die Mikrohabitatcharakteristika die Nistplatzauswahl bei der invasiven fremden Art Trachemys scripta am Angitola-See (Kalabrien, Süditalien) beeinflussen.

DOI: 10.1080/24750263.2025.2516658 ➚

Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, – © Hans-Jürgen Bidmon
Rotwangen-Schmuckschildkröte,
Trachemys scripta elegans,
© Hans-Jürgen Bidmon

Die Einführung invasiver gebietsfremder Arten (IAS) stellt eine erhebliche Bedrohung für die globale Biodiversität, die Funktionsfähigkeit von Ökosystemen und für einheimische Arten dar, insbesondere in Schutzgebieten. Die Rotwangen-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) zählt aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit und weiten Verbreitung zu den 100 schädlichsten IAS weltweit. Diese Studie untersucht die Nistökologie von T. scripta im Angitola-See, einem Ramsar-Gebiet und WWF-Oase in Kalabrien (Süditalien), um ihre Fortpflanzungsstrategien besser zu verstehen und wirksame Managementmaßnahmen zu entwickeln. Wir untersuchten 309 natürliche, von Raubtieren zerstörte Nester in verschiedenen Lebensräumen und analysierten die Rolle von Mikrohabitatmerkmalen wie Vegetationsbedeckung, Bodentyp und Entfernung vom Ufer bei der Auswahl des Nistplatzes. Unsere Ergebnisse zeigen eine klare Präferenz für gemischte Lebensräume mit Bodenmischungen wie Erde/Sand und Erde/Lehm, die optimale Bedingungen für die Eiablage bieten. Die Nistaktivität konzentrierte sich hauptsächlich auf einen Bereich von 30 Metern Entfernung vom Ufer, wobei sich die Auswahl des Lebensraums und des Bodens während der Nistsaison in Abhängigkeit von Umweltfaktoren wie der Wasserverfügbarkeit veränderte. Die Ergebnisse des verallgemeinerten linearen gemischten Modells (GLMM) zeigen jedoch, dass zwar die Entfernung zur Wasserlinie/Uferlinie signifikant vom Vegetationstyp beeinflusst wurde (mit größerer Entfernung an wiederaufgeforsteten Standorten), der Bodentyp und die analysierten kontinuierlichen Variablen (Tiefe, Nestdurchmesser, Anzahl der Eier) jedoch keine signifikanten Auswirkungen auf die Nistentfernung hatten. Die ökologische Plastizität von T. scripta, die es ihr ermöglicht, eine Vielzahl von Nistmikrohabitaten zu nutzen, stellt eine erhebliche Bedrohung für einheimische Schildkrötenarten wie Emys orbicularis und die gesamte lokale Biodiversität dar. Folglich liefert diese Studie wertvolle Erkenntnisse über die Fortpflanzungsökologie dieser invasiven Art und unterstreicht die Notwendigkeit integrierter Managementstrategien, um ihre ökologischen Auswirkungen innerhalb aquatischer Ökosysteme anzugehen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Studie versucht sehr genau und detailliert die Nistbedingungen und Nistpräferenzen für Trachemys scripta zu beschreiben. Dabei fällt auf, dass die Art sehr anpassungsfähig ist, was die Vegetationstypen betrifft, dass sie aber bei den Bodentypen doch ein Humussubstrat mit etwa 4-8 mm Körnung bevorzugt obwohl sie auch feinkörnigere Bodenformationen nutzt. Ansonsten liefert die Einleitung einen guten Literaturüberblick und die Diskussion erwähnt zumindest, dass T. s. elegans zwar Emys orbicularis als Kompetitor verdrängen kann, aber da Literatur zitiert wird wo man seit 2010 keine Emys orbicularis an diesem See gesehen hat bleibt unklar ob die Trachemys die Europäische Sumpfschildkröte schon damals verdrängt hatte oder ob E. orbicularis aufgrund anderer Umweltveränderungen schon früher ausgerottet oder so stark dezimiert wurde, dass sie heute nur noch schwer nachweisbar ist. Einen Fehler, den die Autoren auch selbst zugeben haben aber alle diese Studien, denn sie untersuchen nur die von Beutegreifern geplünderten Nester. Hier ergeben sich dann eigentlich weitere Fragen. Ist an diesem See T. s. elegans schon so lange gut angesiedelt, dass sich die Beutegreifer schon an diese neue Nahrungsressource angepasst haben? Denn 309 geplünderte Nester in einer bestimmten Ablagezonenentfernung vom Ufer sind nicht gerade wenig (siehe dazu auch Purger et al., 2023, Kell et al., 2022 und die dortigen Kommentare). Ja, und andererseits müsste man eigentlich wissen wie viele Nester sind es insgesamt und unter welchen Bedingungen die Nester abgelegt wurden, die nicht geplündert wurden. Letzteres würde ja zeigen, ob T. s. elegans langfristig durch Beutegreifer genauso dezimiert wird wie das für E. orbicularis gezeigt wurde oder ob sich die T. s. elegans zunehmend an die Beutegreifersituation anpassen und zunehmend dort nisten, wo die Beutegreifer die Nester nur schwer finden. Denn langfristig würden ja die Nachkommen, die aus solchen Nestern schlüpfen herausselektioniert werden und die Population verstärken.

Literatur

Kell, S. J., N. Rollinson, R. J. Brooks & J. D. Litzgus (2022): Nesting in close quarters: causes and benefits of high-density nesting behaviour in Painted Turtles (Chrysemys picta). – Canadian Journal of Zoology 100(3): 208-218 oder Abstract-Archiv.

Purger, J. J., T. G. Molnár, Z. Lanszki & J. Lanszki (2023): European Pond Turtle (Emys orbicularis) Nest Predation: A Study with Artificial Nests. – Biology 12(3): 342 oder Abstract-Archiv.

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