Alabama-Rotbauch-Schmuckschildkröte, Pseudemys alabamensis, – © Nickolas Moreno

Moreno - 2022 - 01

Moreno, N., A. Heaton, K. Bruening, E. Milligan, D. Nelson, S. Glaberman & Y. Chiari (2022): Hybridization and low genetic diversity in the endangered Alabama red-bellied turtle (Pseudemys alabamensis). – Ecology and Evolution 12(6): e8964.

Hybridisierung und eine niedrige genetische Diversität bei der gefährdeten Alabama-Rotbauch-Schmuckschildkröte (Pseudemys alabamensis).

DOI: 10.1002/ece3.8964 ➚

Alabama-Rotbauch-Schmuckschildkröte, Pseudemys alabamensis, – © Nickolas Moreno
Alabama-Rotbauch-Schmuckschildkröte,
Pseudemys alabamensis,
© Nickolas Moreno

Pseudemys alabamensis zählt zu den am stärksten gefährdeten Süßwasserschildkrötenarten in den USA, da sie nur ein sehr kleines geographisches Verbreitungsgebiet im küstennahen Alabama und Mississipi besiedelt. Die Populationen von P. alabamensis liegen geographisch isoliert und werden sowohl durch Landflächen wie auch durch Salzwasser welche als Barrieren für den Genfluss fungieren getrennt. Bislang ist unbekannt wie differenziert diese Populationen voneinander sind und ob sie Rückgänge in den Populationsgrößen zu verzeichnen hatten. Frühere Arbeiten fanden morphologische Unterschiede zwischen den in Alabama und Mississippi ansässigen Populationen was nahelegt, dass sie eventuell distinkte Evolutionslinien repräsentieren. Andere Pseudemysarten wie P. concinna und P. floridana kommen natürlicherweise auch in der gleichen geographischen Region vor in der auch P. alabamensis ansässig ist und es ist unbekannt ob sie untereinander hybridisieren. Diese wesentlich häufigeren Spezies könnten daher die einzigartige genetische Identität von P. alabamensis durch Introgression bedrohen. Um herauszufinden welchen Bedrohungsstatus P. alabamensis derzeit hat und um das Ausmaß der Hybridisierung mit anderen Arten zu ermitteln verwendeten wir mitochondriale und nukleäre Mikrosatellitenmarker um damit zudem die genetische Variation zwischen den Populationen von P. alabamensis im gesamten Verbreitungsgebiet zu erfassen und die Vermischung mit anderen Pseudemysspezies zu charakterisieren. Bei P. alabamensis fanden wir für die mitochondriale DNS keine Unterschiede und ein hohes Maß an Homozygotie bei den Mikrosatellitendatensätzen. Unsere Ergebnisse zeigen eine genetische Differenzierung zwischen den Populationen von P. alabamensis in Alabama und denen in Mississippi. Ebenso fanden wir eine niedrig einzuschätzende Reproduktionsgröße und deutliche Anzeichen von Inzucht für zwei der Populationen (Fowl River-Population, Alabama und Biloxi-Population, Mississippi). Wir fanden auch Beweise für eine Vermischung zwischen P. alabamensis und P. concinna/P. floridana. Basierend auf unseren Befunden beschreiben wir P. alabamensis als hochgradig bedroht innerhalb ihres Gesamtverbreitungsgebiets und zwar sowohl durch ihre geringen Einzelpopulationsgrößen wie auch durch die Hybridisierung. Um die Erhaltung der Spezies zu fördern und die Chancen für ihr Überleben zu verbessern sollten sich die Bemühungen auf die Erhaltung der Habitate fokussieren und darauf die genetische Diversität sowohl für die Populationen in Mississippi wie auch in den Alabama Populationen hochzuhalten. Ebenso sollte eine routinemäßige Populationsüberwachung erfolgen die sowohl die Erfassung der Nester und eine Abschätzung des Populationszuwachses durch Jungtiere die in die Populationen hinwachsen mit einbezieht.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Hier beschreiben die Autoren ein Szenario das wir wohl vielerorts beobachten können und sie zeigen wie Habitatverlust und Habitatüberlappung mit denen von anderen Spezies über Introgression Evolutionslinien beeinflussen. Sicher haben die Autoren auch Recht, wenn sie die Habitaterhaltung für P. alabamensis in den Fokus der Erhaltungsmaßnahmen stellen. Allerdings aus wissenschaftlicher und Habitatmanagementsicht wäre es doch viel interessanter zudem zu analysieren wie sich die Kernhabitate von P. alabamensis von jenen von P. concinna und P. floridiana unterscheiden oder welche speziellen Adaptationen P. alabamensis and die Kernhabitate hat (siehe dazu auch Brakes et al. (2019). Oder gibt es gar keine Unterschiede? Wenn letzteres der Fall wäre dann bleibt die Frage ungeklärt aufgrund welcher Selektionsmechanismen sich diese drei Evolutionslinien differenziert haben und wie differenziert sie überhaupt sind? Wir sollten dabei auch nicht vergessen, dass es anscheinend ganz natürlich zu sein scheint, dass sich an Habitatgrenzen oder Populationsgrenzen auch Hybridisierungszonen ausbilden (siehe Martin, et al., 2020; Parham et al, 2020; Pöschel et al., 2018; Raemy et al. 2017 und die dortigen Kommentare). Denn letztendlich würde auch Introgression zu erhöhten Genfluss und zur Vermeidung von Inzuchtdepression beitragen (siehe auch Soares et al. 2018) wobei letzteres durchaus das Langzeitüberleben einer Evolutionslinie enorm fördern könnte. Diese Beobachtungen verweisen uns eigentlich auf viel komplexere Abläufe, da es sich ja wie hier erwähnt um natürliche Populationen handelt und nicht um das Einbringen invasiver Arten, die wir eigentlich gar nicht so stereotyp als negativ interpretieren sollten solange wir die eigentlichen Ursachen noch nicht kennen.

Literatur

Brakes, P., S. R. X. Dall, L. M. Aplin, S. Bearhop, E. M. Carroll, P. Ciucci, V. Fishlock, J. K. B. Ford, E. C. Garland, S. A. Keith, P. K. McGregor, S. L. Mesnik, M. J. Noad, G. N. di Sciara, M. M. Robbins, M. P. Simmonds, F. Spina, A. Thornton, P. R. Wade, M. J. Whiting, J. Williams, L. Rendell, H. Whitehead, A. Whiten & C. Rutz (2019): Animal cultures matter for conservation. – Science 363(6431): 1032-1034; DOI: 10.1126/science.aaw3557 ➚.

Martin, B. T., M. R. Douglas, T. K. Chafin, J. S. Placyk Jr., R. D. Birkhead, C. A. Phillips & M. E. Douglas (2020): Contrasting signatures of introgression in North American box turtle (Terrapene spp.) contact zones. – Molecular Ecology 29(21): 4186-4202 oder Abstract-Archiv.

Parham, J. F., T. J. Papenfuss, A. B. Sellas, B. L. Stuart & W. B. Simison (2020): Genetic variation and admixture of red-eared sliders (Trachemys scripta elegans) in the USA. – Molecular Phylogenetics and Evolution 145: 106722 oder Abstract-Archiv.

Pöschel, J., B. Heltai, E. Graciá, M. F. Quintana, G. Velo-Antón, O. Arribas, A. Valdeón, M. Wink, U. Fritz & M. Vamberger (2018): Complex hybridization patterns in European pond turtles (Emys orbicularis) in the Pyrenean Region. – Scientific Reports 8(1): 15925 oder Abstract-Archiv.

Raemy, M., U. Fritz, M. Cheylan & S. Ursenbacher (2017): Hybridisation between turtle subspecies: a case study with the European pond turtle (Emys orbicularis) - Conservation Genetics 18(2): 287-296 oder Abstract-Archiv.

Soares, L. S., K. A. Bjorndal, A. B. Bolten, M. A. G. dei Marcovaldi, P. B. Luz, R. Machado, R. Lo, S. F. McDaniel, A. C. Payton, T. B. Waltzek & M. L. Wayne (2018): Effects of hybridization on sea turtle fitness. – Conservation Genetics 19: 1311-1322 oder Abstract-Archiv.

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