Mediterrane unechte Karettschildkröte, Caretta caretta, – © Dimitris Margaritoulis, Archelon

Fuxjager - 2014 - 01

Fuxjager, M. J., K. R. Davidoff, L. A. Mangiamele & K. J. Lohmann (2014): The geomagnetic environment in which sea turtle eggs incubate affects subsequent magnetic navigation behaviour of hatchlings. – Proceedings of the Royal Society B-Biological Sciences 281(1791): 20141218.

Die geomagnetische Umgebung, in der Meeresschildkröteneier inkubieren, beeinflusst das magnetische Navigationsverhalten der Schlüpflinge.

DOI: 10.1098/rspb.2014.1218 ➚

Unechte Karettschildkröte, Caretta caretta, – © Hans-Jürgen Bidmon
Unechte Karettschildkröte,
Caretta caretta,
© Hans-Jürgen Bidmon

Schlüpflinge der Unechten Karettschildkröte (Caretta caretta) benutzen das regionale Magnetfeld zur Navigation bei ihren Wanderungen auf offener See. Allerdings ist wenig über die Ontogenie (Entwicklung) dieses Verhaltens bekannt. Als einen ersten Schritt zur Untersuchung, ob das magnetische Umfeld, in dem sich die Schlüpflinge entwickeln, deren Orientierungsverhalten im Magnetfeld beeinflusst, wurden nistende Unechten Karettschildkröten aufgesucht, und es wurden Eier von den ablegenden Weibchen in situ entweder im natürlichen magnetischen Umfeld gezeitigt oder in einem gestörten Magnetfeld, indem wir um das Nest herum Magneten platzierten. In den nach dem Schlupf durchgeführten Orientierungstests zeigten die Schlüpflinge, die sich im normalen natürlichen Magnetfeld entwickelt hatten, das der Nordküste Portugals entsprach eine südwärts gerichtete Orientierung, die im Einklang zu ihrer natürlichen Wanderroute stand, um in den nordöstlichen Atlantik zu gelangen. Im Gegensatz dazu zeigten die Schlüpflinge, die sich im gestörten Magnetfeld entwickelt hatten, im selben nordportugiesischen Magnetfeld keine gerichtete Orientierung, die von einer zufällig gewählten abweichen würde. Zwischen den beiden Gruppen zeigten sich keine Unterschiede in Orientierungstest in Bezug auf die Orbitalbewegungen der Wellen oder im Bezug zur Orientierung, um vom Strand zum Wasser zu gelangen, beides Orientierungsleistungen, die nicht vom Magnetfeld beeinflusst werden. Diese Daten sind nach unserem Wissen die ersten, die zeigen, dass das Umgebungsmagnetfeld während der frühen Entwicklung im Ei das spätere Orientierungsverhalten während der Wanderung der Schlüpflinge auf offener See prägt.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Studie zeigt eigentlich sehr klar, dass Schildkrötenschlüpflinge schon im Nest in Bezug auf das spätere Orientierungsverhalten durch das Umgebungsmagnetfeld geprägt werden. In diesem Zusammenhang würde mich allerdings auch interessieren ob das nur für Meeresschildkröten zutrifft oder ob es auch auf. Wasserschildkröten zutreffen könnte? Denn für letztere ist noch völlig unklar wie sie z. B. vom Nest zum Wasser zurückfinden. Nun deutet diese Studie an, dass Meeresschildkröten das Meer durch visuelle Orientierung finden und dazu den Magnetsinn nicht benötigen. Mit ein Grund warum eine adäquate Strandbeleuchtung bzw. das Verbot einer künstlichen Strandbeleuchtung für den Meeresschildkrötenschutz eine so wichtige Rolle spielt. Meeresschildkröten haben aber hier einen Vorteil, zum einen weil das Meer als große Wasserfläche nachts das Licht in besonderer Weise reflektiert und weil an den meisten Niststränden keine dichte Vegetation die Sicht versperrt. Wasserschildkröten haben diesen Vorteil oft nicht, insbesondere wenn die Weibchen weite Strecken vom Wohngewässer bis zum Nistplatz zurücklegen (z.B. Tuttle & Carroll 2005, Walde et al. 2007) und die Tümpel oder Bäche vergleichsweise klein sind. Hier könnte durchaus wie bei den Laichwanderungen von Molchen der Magnetsinn eine Rolle spielen, denn letzteres würde bedeuten, dass auch die terrestrischen Wanderungen von Wasserschildkröten durch künstliche Magnetfelder gestört werden könnten. Da mögen Umspannwerke, Hochspannungsleitungen und ähnliche Dinge eine störende Rolle spielen, aber natürlich auch an den Tieren befestigte Sender, die ein eigenes elektromagnetisches Feld erzeugen (siehe Kommentar zu Paterson et al. 2012).

Literatur

Paterson, J. E., B. D. Steinberg & J. D. Litzgus (2012): Revealing a cryptic life-history stage: differences in habitat selection and survivorship between hatchlings of two turtle species at risk (Glyptemys insculpta and Emydoidea blandingii). – Wildlife Research 39(5): 408-418 oder Abstract-Archiv.

Tuttle, S. E. & D. M. Carroll (2005): Movements and behavior of hatchling Wood Turtles (Glyptemys insculpta). – Northeastern Naturalist 12(3): 331-348 oder Abstract-Archiv.

Walde, A. D., J. R. Bider, D. Masse, R. A. Saumure & R. D. Titman (2007): Nesting ecology and hatchling success of the wood turtle, Glyptemys insculpta, in Quebec. – Herpetological Conservation and Biology 2(1): 49-60 oder Abstract-Archiv.

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