Colman, L. P., C. Baptistotte, B. J. Godley, J. C. A. Thomé, A. C. Marcondes, J. R. Monsinjon, A. Santos, A. R. C. Patrício, G. Stahelin & A. C. Broderick (2025): Incubation duration and predicted hatchling sex ratios of leatherback turtles (Dermochelys coriacea) in the southwestern Atlantic Ocean (1988-2021). – Journal of Experimental Marine Biology and Ecology 586(4): 152100.
Inkubationsdauer und prognostiziertes Geschlechterverhältnis der Lederschildkröten (Dermochelys coriacea) im südwestlichen Atlantik (1988-2021).
DOI: 10.1016/j.jembe.2025.152100 ➚

Dermochelys coriacea,
© Jeanette Wyneken
Die Kenntnis des Geschlechterverhältnisses von Arten mit temperaturabhängiger Geschlechtsbestimmung (TSD) ist von entscheidender Bedeutung für die Bereitstellung von Basisinformationen, die als Grundlage für Managementstrategien und Vorhersagen darüber dienen können, wie sich der Klimawandel auf die Populationen auswirken kann. Bei Meeresschildkröten können erhöhte Inkubationstemperaturen zu extremen Verzerrungen des Geschlechterverhältnisses und einem geringeren Schlupferfolg führen. Hier stellen wir eine Langzeitanalyse (34 Jahre) der Inkubationsdauer von Lederschildkröten (Dermochelys coriacea) in Brasilien vor, der einzigen Population dieser Art, die im Südwestatlantik nistet, und schätzen das Geschlechterverhältnis der Nachkommen. Wir setzten Datenlogger ein, die die Nesttemperaturen in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2019 aufzeichneten (n = 28 Gelege), um das Geschlechterverhältnis der Nachkommen anhand der Inkubationstemperaturen während der thermosensitiven Periode, in der das Geschlecht bestimmt wird, vorherzusagen. Die mittlere Gesamtbrutdauer der Gelege von Lederschildkröten in Brasilien (1988-2021) betrug 66,3 Tage (Spanne 52-91, SD = 6,4, n = 867), wobei sie zwischen den ersten und den letzten 10 Jahren der Überwachung um 4,4 Tage abnahm und in den verschiedenen Breitengraden des Nistgebiets der Population variierte. Bei der Modellierung für die gesamte Nistsaison und unter Berücksichtigung der Nistsaisonalität schätzten wir das derzeitige (2012-2021) mittlere saisonweite primäre Geschlechterverhältnis auf 46,9 % Weibchen (Spanne 32,7 % bis 84,8 %). Das Hindcasting für die ersten zehn Jahre der Überwachung (1988-1997) ergab, dass das durchschnittliche prognostizierte Geschlechterverhältnis der Nachkommenschaft bei 34,6 % weiblich gewesen wäre (Spanne 7,7 % bis 68,1 %). Diese Population hat im Zeitraum 1988-2021 keine phänologische Verschiebung des Nistzeitpunkts gezeigt. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass, obwohl das primäre Geschlechterverhältnis dieser Population in den letzten Jahrzehnten wahrscheinlich eher weiblich geworden ist, die beobachteten räumlichen und zeitlichen Schwankungen eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegenüber den Auswirkungen steigender Temperaturen im Rahmen des Klimawandels zeigen.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Diese schöne und seltenere Langzeitstudie wirft eigentlich eine interessante Frage auf, denn wenn in den früheren Jahren das Geschlechterverhältnis für das weibliche Geschlecht bei nur ca. 35% lag, muss man fast davon ausgehen, dass ein erheblicher Männchenüberschuss notwendig wäre, um optimale Befruchtungsraten bei den Gelegen zu realisieren. Andernfalls müsste man davon ausgehen, dass die Sterberate bei den männlichen Individuen höher liegen dürfte. Da aber derzeit häufig von niedrigen Schlupfraten bei dieser Spezies berichtet wird, sollte man wirklich einmal die Befruchtungsraten überprüfen, um zu guten Ergebnissen für ein Bestandsmanagement zu kommen.
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Dermochelys coriacea – Lederschildkröte