Madagassische Schnabelbrustschildkröte, Astrochelys yniphora, – © Mario Brendgen

O'Brien - 2005 - 01

O'Brien, S., B. Robert & H. Tiandray (2005): Hatch size, somatic growth rate and size-dependent survival in the endangered ploughshare tortoise. – Biological Conservation 126(2): 141-145.

Schlupfgröße, Körperwachstumsrate und größenabhängiges Überleben bei der stark gefährdeten Madegassischen Schnabelbrustschildkröte.

DOI: 10.1016/j.biocon.2005.03.022 ➚

Madagassische Schnabelbrustschildkröte, Astrochelys yniphora, – © Hilmar Hufer
Madagassische Schnabelbrustschildkröte,
Astrochelys yniphora,
© Hilmar Hufer

Erfolgreiche Schutzmaßnahmen erfordern ein gutes Verständnis für beides, die direkten Ursachen und für die indirekten Ursachen, die einem Populationsrückgang zugrunde liegen. Die Entnahme von Exemplaren aus den wild lebenden Populationen betrifft oft die größten und ältesten Individuen, die den größten ökonomischen Wert haben (zumindest für Nahrungszwecke der Bevölkerung). Wenn aber diese Individuen überproportional mehr zur Vermehrung in der Population beitragen, dann wird das Absammeln dieser Individuen auch eine größere Auswirkung für das Überleben der Population haben, als man es normalerweise annehmen würde. Die Schnabelbrustschildkröte kommt endemisch in Madagaskar vor und ihre Population ist auf derzeit weniger als 600 Individuen geschrumpft, wobei als Ursachen dafür das Absammeln der Tiere und der Habitatverlust verantwortlich gemacht werden. Bislang wurden Wiederansiedlungsversuche mit in Gefangenschaft erbrüteten Jungtieren unternommen, aber es wurde nicht untersucht, ob und inwieweit sich diese Nachzuchten in Bezug auf ihre Körpergröße für die Auswilderung eigenen. Anhand der Datenanalysen aus einer Langzeit-Studie mittels der Markierungs-Wiederfang-Methode in einer noch nicht durch Absammeln betroffenen Population wilder Schnabelbrustschildkröten zeigte sich, dass größere Jungtiere eine größere Überlebenschance während des ersten Lebensjahres hatten als kleinere. Generell zeigte sich, dass Jungtiere, die älter als ein Jahr waren, mit einer vergleichbar konstanten Zuwachsrate wuchsen, allerdings hatten diese überlebenden Tiere auch schon eine signifikant größere Schlupfgröße gehabt (durchschnittlich 41,7 mm), im Vergleich zu den nicht überlebenden Schlüpflingen (Durchschnitt = 39,3 mm). Die Schlussfolgerung aus diesen Befunden für die zu treffenden Schutzmaßnahmen ist, dass es erfolgreicher sein wird, schon größere in Gefangenschaft geschlüpfte Schnabelbrustschildkröten auszusetzen. Ebenso zeigten frühere Studien, dass größere Weibchen größere Eier legen, aus denen auch schon größere Schlüpflinge schlüpfen. Zusammenfassend zeigt die Studie also, dass größere Schlüpflinge einen Überlebensvorteil gegenüber kleineren Schlüpflingen während des ersten Lebensjahres haben. Dies zeigt auch, dass eine Entnahme möglichst großer Weibchen aus der Schnabelbrustschildkrötenpopulation verheerende Folgen für das Überleben der Population haben kann.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Wenn diese Beziehungen schon so klar zu beobachten sind, und die Voraussetzungen für die ökonomische Entwicklung in Madagaskar auch nicht gerade als gut zu bezeichnen sind, dann sollte man in den Nachzuchtstationen vielleicht zwei mit dem Schildkrötenschutz vereinbare Ziele verfolgen: 1. Die großen und vitalsten Schlüpflinge für die Auswilderung auslesen, damit nur möglichst überlebensfähige Tiere mit optimaler Konstitution die noch verbliebenen wild lebenden Populationen stützen und auffrischen und 2. suboptimale, kleinere Schlüpflinge für den legalen Markt für Zoos und geprüfte Privathaltungen zur Verfügung zu stellen, denn Letzteres würde sicher eine Verbesserung der ökonomischen Situation erlauben oder der Finanzierung der Schutzmaßnahmen dienen und es gleichzeitig erlauben, außerhalb Madagaskars registrierte Erhaltungspopulationen aufzubauen, die die Metapopulation und somit langfristig auch den Genpool vergrößern (siehe auch Pedrono et al. (2004)).

Literatur

Pedrono, M., L. L. Smith, J. Clobert, M. Massot & F. Sarrazin (2004): Wild-captive metapopulation viability analysis. – Biological Conservation 119(4): 463-473 oder Abstract-Archiv.

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