Rotbauch-Spitzkopfschildkröte, Emydura subglobosa, – © Hans-Jürgen Bidmon

Burns - 2013 - 01

Burns, R. E., E. J. Bicknese, J. L. Westropp, R. Shiraki & I. H. Stalis (2013): Tumoral Calcinosis Form of Hydroxyapatite Deposition Disease in Related Red-Bellied Short-Necked Turtles, Emydura subglobosa. – Veterinary Pathology 50(3): 443-450.

Tumorartige Verkalkungsform durch Hydroxyapatitablagerung bei miteinander verwandten Rotbauch-Spitzkopfschildkröten, Emydura subglobosa.

DOI: 10.1177/0300985813480511 ➚

Rotbauch-Spitzkopfschildkröte, Emydura subglobosa, – © Hans-Jürgen Bidmon
Rotbauch-Spitzkopfschildkröte,
Emydura subglobosa,
© Hans-Jürgen Bidmon

Zehn von 12 Rotbauch-Spitzkopfschildkröten, die aus demselben Gelege stammten, entwickelten im Alter von neun Monaten multiple weiße bis cremefarbene Knötchen auf den Füßen. Histologisch bestanden die Knötchen aus großen periartikularen (neben den Gelenken liegenden) kristallinen Ablagerungen aus mineralisiertem Material, das bis in die Gelenkspalten der Zehenknöchelchen hineinreichte. Diese Ablagerungen waren von einer granulomatösen Entzündungsreaktion und fibrösem Gewebe umgeben. Die kristallographische Analyse ergab, dass es sich um Apatit (Kalziumphosphathydroxid) handelte, was als tumorale Kalzinoseform bekannt ist und im Englischen als „Hydroxyapatite Deposition Disease“ (HADD) bezeichnet wird. HADD wurde schon vorher für aquatische Schildkröten und seltener für Echsen beschrieben und sollte klar von einer Gicht bei Reptilien unterschieden werden. Eine Ursache für diese tumoralen Kalzinoseläsionen konnte bei diesen Schildkröten nicht gefunden werden. Allerdings vermuten wir anhand der früheren Berichte über die Erkrankung bei dieser Spezies, dass sie eine artspezifische Anfälligkeit für diese Erkrankung aufweist, die im Zusammenhang mit bisher noch unbekannten Umweltfaktoren auftritt. Der Gebrauch der Bezeichnungen HADD, Pseudogicht (Kalziumpyrophosphatkristallablagerungserkrankung) und Calcinosis circumscripta ist in der Literatur uneinheitlich, was häufig zu Verwechslungen führt.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Erkrankung tritt – wenn auch sehr selten – auch bei ein- bis zweijährigen Griechischen Landschildkröten auf. Nach meinen Beobachtungen scheint es sich dabei sehr wahrscheinlich um einen Gendefekt zu handeln, denn ich habe das in den vielen Jahren bislang nur bei sehr, sehr wenigen Tieren in der Gruppenaufzucht gesehen, ohne dass eines der anderen Geschwistertiere Mangelerscheinungen gezeigt hätte, oder auch daran erkrankt wäre, sodass es offensichtlich nicht an den Haltungsbedingungen liegen kann. Auch in dieser Arbeit waren zwei der Geschwistertiere trotz gleicher Haltungsbedingungen nicht davon betroffen. Hier könnte man durchaus untersuchen, ob die beiden gesunden Schildkröten aus dem Gelege vielleicht einen anderen Vater hatten und deshalb nicht die dafür verantwortliche Anlage geerbt hatten. Der Kalziumstoffwechsel und seine Regulation beruhen auf sehr komplexen Mechanismen, die wie man heute weiß, nicht nur Licht-Vitamin-D- und Parathormon abhängig sind. Nein, es gibt sogar so genannte Calcium-Sensing-Rezeptoren, die den Kalziumspiegel messen, ebenso wie es Rezeptoren gibt, die die Konzentration der aktivierten Form des Vitamin D3, das 1,25-Dihydroxyvitamin D3 messen, und bei Bedarf herunterregulieren. Für diese zuletzt genannten Regulationsmechanismen sind zwei Gene verantwortlich, nämlich das Klothogen und das FGF-23-Gen (siehe Übersichtsartikel: Martin et al. 2012), was nahe legt, dass zum Beispiel auch Mutationen im Klothogen oder FGF23-Gen für solche Hyperkalzifizierungen verantwortlich sein können. Für Reptilien gibt es dazu noch keine Untersuchungen, weil man hier klar sagen muss, dass die veterinärmedizinische Forschung hier bislang keine Arbeiten initiiert hat, aber bei Säugetieren, insbesondere bei Mäusen, die derartige Gendefekte haben, kennt man solche Verkalkungen, die nicht nur die Gelenke betreffen, schon seit einigen Jahren in der biomedizinischen Forschung. Da aber solche grundliegenden, phylogenetisch alten Mechanismen bislang bei allen Wirbeltieren gefunden werden konnten, ist davon auszugehen, dass diese Gene bei allen Wirbeltierstämmen einschließlich der Reptilien und Vögel ähnliche Funktionen haben und ihr Ausfall zu ähnlichen Erkrankungen führen wird. (Siehe auch: Fledelius et al. 2005).

Literatur

Fledelius, B., G. W. Jorgensen, H. E. Jensen & L. Brimer (2005): Influence of the calcium content of the diet offered to leopard tortoises (Geochelone pardalis). – Veterinary Record 156(26): 831-835 oder Abstract-Archiv.

Martin, A., V. David & L. Darryl Quarles (2012): Regulation and Function of the FGF 23 / Klotho Endocrine Pathways. – Physiological Review 92: 131-155.

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