Landkarten-Höckerschildkröte, Graptemys geographica, mit Sender unter dem Eis – © Jessica A. Robichaud

Robichaud - 2022 - 01

Robichaud, J. A., G. Bulte, H. A. MacMillan & S. J. Cooke (2022): Five months under ice: biologging reveals behavior patterns of overwintering freshwater turtles. – Canadian Journal of Zoology: In Press.

Fünf Monate unter dem Eis: Biologische Datenaufzeichnung entschlüsselt die Verhaltensmuster bei überwinternden Süßwasserschildkröten.

DOI: 10.1139/cjz-2022-0100 ➚

Landkarten-Höckerschildkröte, Graptemys geographica, – © Grégory Bulté
Landkarten-Höckerschildkröte,
Graptemys geographica,
© Grégory Bulté

Die Winter in den gemäßigten Regionen sind häufig die kälteste Periode des Jahres. Arten in diesen Regionen sind an die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt angepasst und nutzen dazu physiologische sowie Verhaltensmechanismen um die Auswirkungen und Gefahren die sich durch die Kälte ergeben abzumildern. Für aquatische Spezies ist die Überwinterung unter dem Eis eine Strategie die das Überlebensrisiko bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt minimiert. Die nördliche Landkartenschildkröte (Graptemys geographica (LeSueur, 1817)) ist eine der Arten die unter dem Eis in Seen und Flüssen überwintert. Hier beobachteten wir das Verhalten von wildlebenden Landkartenschildkröten an einer bekannten Überwinterungslokalität während des gesamten Winters, wobei wir die Individuen mit Datenerfassungsbiologgern bestückten die über einen Tri-Axial-Beschleunigungsmesser verfügten und zusätzlich mit Temperatur- und Tiefensensoren ausgestattet waren. Wir beobachteten damit, dass die Schildkröten ihre motorische Fortbewegungsaktivität innerhalb des Überwinterungsorts kontinuierlich während des ganzen Winters beibehielten. Das Ausmaß sowie die Muster dieser Fortbewegungsaktivität und die Habitatnutzung unterschieden sich zwischen adulten Weibchen, adulten Männchen und juvenilen Weibchen. Adulte Weibchen hielten sich an den Stellen mit der geringsten Tiefe und den kältesten Temperaturen auf und bewegten sich am wenigsten, wohingegen die juvenilen Weibchen die tiefsten Stellen mit den wärmsten Temperaturen aufsuchten und sich am meisten bewegten. Alle Gruppen hielten sich aber bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt (0,98-1,39 °C) und bei einer Tiefe zwischen 1,34 bis 1,7 m auf. Diese Verhaltensmuster sind in Übereinstimmung mit einer Strategie die eine Überwinterung bei Beibehaltung einer aeroben Überlebensweise ermöglicht und dies reflektiert wohl Unterschiede in Bezug auf die physiologischen Notwendigkeiten.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Nun man braucht kein Prophet zu sein um zu erkennen, dass die Strategie der adulten Weibchen, dazu dient die wenigste Energiemenge während der Überwinterung zu verbrauchen, da kältere Temperaturen den Stoffwechsel niedriger halten, denn sie sparen diese Energie sicherlich für die Eireifung und Eiablage im Frühjahr und Frühsommer auf. Dennoch ist diese Schilderung auch für die Freilandhaltung solcher Arten von Interesse, denn sie sind entweder auf eine ausreichende sauerstoffreiche, stehende Wassermenge oder auf unter dem Eis fließendes sauerstoffreicheres Wasser angewiesen um so den Winter zu überstehen. Siehe auch Greaves & Litzgus (2007) und McCoard et al., (2018).

Literatur

Greaves, W. F. & J. D. Litzgus (2007): Overwintering ecology of Wood Turtles (Glyptemys insculpta) at the species' northern range limit. – Journal of Herpetology 41(1): 32-40 oder Abstract-Archiv.

McCoard, K. R. P., N. S. McCoar & J. T. Anderson (2018): Observations of Wood Turtle Activity, Diet, Movements, and Morphometrics in the Central Appalachians. – Northeastern Naturalist 25(4): 513-531 oder Abstract-Archiv.

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