Gepanzerte Tiere können leicht die Balance verlieren und auf den Rücken fallen. Wenn sie so umgeworfen werden besteht das Risiko, dass sie sich unvorteilhaften Umweltbedingungen aussetzen wir Hunger und Beutegreifern, so dass das Selbstaufrichten überlebenswichtig wird. Schildkröten haben harte Panzer die eine Verdrehung des Torsos unmöglich machen, sodass die Form des Panzers für die Selbstaufrichtung entscheidend wird. Wir untersuchten die Beziehung zwischen der Dauer der aktiven Umdrehversuche und der Geometrie der Panzerform bei Griechischen Landschildkröten. Wir verwendeten die Methoden der geometrischen Morphometrie und Panzerformindizes (R – Index, Wölbungsindizes und Flachheitsindizes) um deren Auswirkungen zu analysieren. Unsere Ergebnisse zeigen eine negative Beziehung zwischen Größe und Umkehrleistung sowohl für Weibchen wie für Männchen. Vergrößerte weibliche Körpermaße gehen einher mit einer reduzierten Agilität werden aber voraussichtlich durch Vorteile bei der Reproduktion selektiert. Andererseits wird die Körpergröße bei den Männchen wahrscheinlich durch eine geschlechtsabhängige Selektion bedingt. Zusätzlich zeigte sich, dass sich flach auslaufende verlängerte, hintere Marginalschilder negativ auf die Umkehrfähigkeit der Männchen auswirken. Dieser hintere Teil des männlichen Panzers könnte daher durch eine Beziehung (Kosten-Nutzen-Abwägung) zwischen Umdrehfähigkeit und Stabilitätsverleihung während der Kopulation selektiert werden. Allerdings liefert die Beziehung zwischen Carapaxform und Umdrehfähigkeit keine einfachen (oder lineare Beziehung) Daten, da es zu unterschiedlichen Ergebnissen kam wenn die Befunde unterschiedliche Formindizes in der Analyse berücksichtigten. Die Indizes legen nahe, dass eine Vergrößerung der Carapaxkurvatur (Wölbung) die Umkehrfähigkeit bei Griechischen Landschildkröten fördert. Die Vergleiche der Daten mit jenen aus der verfügbaren Literatur legen nahe, dass die Panzerform für die ganze Gattung Testudo mit Ausnahme von T. marginata mit der Panzerform von T. hermanni überlappt, sodass vergleichbare Auswirkungen der Panzerform auf die Umdrehfähigkeit für alle Spezies der Gattung Testudo zu erwarten wären.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Eine Arbeit die im Wesentlichen die Ergebnisse früherer Arbeiten bestätigt (siehe auch Domokos & Várkonyi, 2007; Stojadinovic et al., 2013), die aber auch nahe legt, dass es andere Einflüsse auf diese Daten geben muss, wie sollte man sonst die Umdrehreaktion für T. marginata beurteilen die ja durchaus diesbezüglich risikoreiche Biotope erfolgreich besiedelt und die dennoch weit ausladende hintere Marginalschilde aufweist und vergleichsweise flache Panzer. Ebenso lässt sich schwer verstehen wie sich aufgrund solcher Parameter, Spaltenschildkröten umdrehen können, denn so flexibel ist deren Plastron auch nicht. Es dürfte also nahe liegen, dass es auch andere Körperteilproportionsindizes geben muss die darauf einen Einfluss haben.
Literatur
Domokos, G. & P. L. Várkonyi (2007): Geometry and self-righting of turtles. – Proceedings of the Royal Society of London Series B: Biological Sciences 275(1630): 11-17 oder Abstract-Archiv.
Stojadinovic, D., D. Milosevic & J. Crnobrnja-Isailovic (2013): Righting time versus shell size and shape dimorphism in adult Hermann's tortoises: Field observations meet theoretical predictions. – Animal Biology 63: 381-396 oder Abstract-Archiv.