Köhlerschildkröte, Chelonoidis carbonaria, – © Hans-Jürgen Bidmon
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Gallego-Garcìa - 2023 - 01

Gallego-Garcìa, N., M. Vargas-Ramírez & H. B. Shaffer (2023): The importance of cryptic diversity in the conservation of wide-ranging species: The red-footed tortoise Chelonoidis carbonarius in Colombia. – Molecular Ecology 32(16): 4531–4545.

Die Wichtigkeit von kryptischer Diversität für die Erhaltung weitverbreiteter Spezies: Die Köhlerschildkröte Chelonoidis carbonarius in Columbien.

DOI: 10.1111/mec.17052 ➚

Köhlerschildkröte, Chelonoidis carbonaria, – © Hans-Jürgen Bidmon
Köhlerschildkröte,
Chelonoidis carbonaria,
© Hans-Jürgen Bidmon

Weitverbreiteten Spezies wird selten eine Erhaltungspriorität zugestanden, aber sie haben dennoch das Potenzial dafür, dass sich unter ihnen genetisch stark abgegrenzte Gruppen assoziiert mit bestimmten Umweltbedingungen oder bedingt durch ökologische Abgrenzungen befinden, die es rechtfertigen sie, als taxonomische Einheiten anzuerkennen. Die Dokumentation einer solchen kryptischen Diversität ist besonders für weitverbreitete Arten wichtig, die von Populationsrückgängen betroffen sind, da sich dadurch noch stärker bedrohte Untereinheiten mit nur kleinen Verbreitungsgebieten ergeben könnten. Allerdings sind Studien für weitverbreitete Spezies, insbesondere dann, wenn sich ihr Verbreitungsgebiet über politische Grenzen hinaus erstreckt, oft extrem kompliziert. Ein Ansatz, um diese Schwierigkeiten zu meistern, besteht darin, erst einmal sehr detaillierte lokale Analysen durchzuführen und diese dann mit weniger detaillierten Verbreitungsgebietsweiten Studien zu vergleichen. Wir verwendeten diesen Ansatz bei der Köhlerschildkröte (Chelonoidis carbonarius) einer gefährdeten Art, die sehr wahrscheinlich eine kryptische Diversität innerhalb ihres riesigen Verbreitungsgebiets mit seinen distinkten von ihr besiedelten Ökoregionen aufweisen könnte. Früher erfolgte an einzelnen Genen durchgeführte molekulare Studien indizierten die Existenz von mindestens fünf Linien, wovon zwei in unterschiedlichen Ökoregionen die durch die Anden innerhalb Kolumbiens getrennt sind. Wir verwendeten eine umfassende Genomanalyse, um die Hypothese zu überprüfen, ob es wirklich zwei kryptische Linien innerhalb eines juristischen Einheitsgebiets wie Kolumbien gibt. Wir nutzten dazu eine Kombination aus Restriktionsseiten-assoziierter DNS-Sequenzierung und Umweltnischenmodellierung, um damit drei unabhängige Datensätze als Beweise aufzuzeigen, die das Vorhandensein von einer wichtigen kryptischen Diversität untermauern, die taxonomische anerkannt werden sollte wie: Die allopatrische Reproduktive-Isolation, lokale Adaptation und ökologische Divergenz. Wir lieferten ebenso damit eine fein skalierte gentischbasierte Landkarte über die Verteilung der jeweiligen Erhaltungseinheit innerhalb Kolumbiens. Während wir diese Verbreitungsgebietsweiten Analysen noch weiter vorantreiben und weiter taxonomische Justierungen vornehmen, empfehlen wir schon einmal, dass die für Kolumbien nachgewiesenen zwei Evolutionslinien schon einmal als zwei getrennte, zu erhaltene Linien anerkannt werden.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Eine schöne detaillierte Studie, die aufgrund der drei unabhängigen Analyseverfahren zumindest klar auf zwei Evolutionslinien für die Köhlerschildkröten in Kolumbien hinweisen. Beide Linien sind durch den Gebirgszug der Anden voneinander getrennt und wie beschrieben wird, gibt es keinen Genfluss mehr zwischen diesen Linien. Nun sollte man dies zwar anerkennen, aber wie weit diese beiden Linien schon voneinander getrennt sind und ob es gerechtfertigt wäre jeder Linie einen Artstatus zu gewähren möchte ich doch etwas infrage stellen? Sicher ist es gut zu wissen, dass es diese Strukturierung innerhalb der Art gibt, aber auch hier stellt sich die Frage, wie geht man damit um, denn Chelonoidis carbonarius ist eine Art, die sich selbst noch mit ganz anderen Arten fortpflanzen kann (siehe Bidmon, 2017). Da muss man dann schon einmal fragen dürfen wie weit diese beiden Linien nicht nur geographisch, sondern auch in Bezug auf ihre biologischen Reproduktionsmöglichkeiten getrennt sind, wenn man sie zusammenführen würde? Speziation findet wohl in Abhängigkeit von den jeweils vorherrschenden Umweltbedingungen und den damit verbundenen Adaptationen immer statt. Wobei das Ausmaß – von kaum nachweisbar, bis hin zu einer wirklich neuen Unterart oder gar Art -fließend und zeitabhängig oder von bestimmten Mutationen abhängig sein dürfte. Insofern muss man hier schon sehen welchen Status man solchen Beobachtungen zuweisen möchte. Siehe dazu auch: Bidmon (2017) und Emerson & Faria (2014) sowie die dort zitierte Literatur.

Literatur

Bidmon, H.-J. (2017): Sind phylogenetische Stammbäume nur ein Traum? – Schildkröten im Fokus 14(1): 14-27 ➚.

Emerson, B. C. & C. M. A. Faria (2014): Fission and fusion in island taxa – serendipity, or something to be expected? – Molecular Ecology 23(21): 5132-5134 oder Abstract-Archiv.

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