Georgia-Gopherschildkröte, Gopherus polyphemus, – © Brian Folt

Figueroa - 2024 - 01

Figueroa, A, K. Coblentz, A. Herrera, L. Cuni, J. Villate, H. Liu, M. S. Araujo & S. M. Whitfield (2024): Seasonal frugivory drives both diet inconsistency and individual specialization in the generalist herbivore gopher tortoise. – Food Webs 40: e00356.

Saisonales Fruchtfressen treibt sowohl die Inkonsistenz der Ernährung als auch die individuelle Spezialisierung des Pflanzenfressers Gopherschildkröte an.

DOI: 10.1016/j.fooweb.2024.e00356 ➚

Georgia-Gopherschildkröte, Gopherus polyphemus, – © Tracey D. Tuberville
Georgia-Gopherschildkröte,
Gopherus polyphemus,
© Tracey D. Tuberville

Die individuelle Nahrungsspezialisierung, bei der Individuen innerhalb einer Population unterschiedliche Ernährungsmuster aufweisen, kann durch Veränderungen der ökologischen Möglichkeiten beeinflusst werden. Ein bisher wenig erforschter Forschungszweig ist die Untersuchung der Frage, ob Individuen ihre Ernährungsstrategien ändern (z. B. von Pflanzenfressern auf Frugivoren umsteigen), wenn die ökologischen Möglichkeiten einen Impuls von begrenzten Ressourcen, wie z. B. fleischige Früchte, bieten. Diese Studie untersucht den Einfluss der saisonalen Frugivorie auf die fortlaufende Ernährung und die Spezialisierung von generellen Pflanzenfressern, insbesondere bei der Gopherschildkröte (Gopherus polyphemus), im Südosten Floridas, USA. Wir stellten die Hypothese auf, dass eine erhöhte Frugivorie während der Regenzeit (Juni bis November), die mit einem Ressourcenangebot von fleischigen Früchten zusammenfällt, zu einer uneinheitlicheren und spezialisierten Ernährung führt. Mithilfe von Funktelemetrie zur Verfolgung einzelner Schildkröten und der Analyse sezierter Kotproben, die in funktionale Nahrungskategorien eingeteilt wurden, untersuchten wir mithilfe der Bayes'schen hierarchischen Modellierung die Konsistenz und Spezialisierung der Ernährung. Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine höhere Frugivorie in der Regenzeit mit einer größeren Inkonsistenz und Spezialisierung der Ernährung im Vergleich zur Trockenzeit korreliert. Dieses Muster deutet darauf hin, dass Gopherschildkröten möglicherweise ihre Futtersuchstrategien ändern, um saisonale Ressourcenangebote von fleischigen Früchten zu nutzen, und sich so einer abwechslungsreicheren und spezialisierteren Ernährung zuwenden. Darüber hinaus fallen wichtige Aktivitäten in der Lebensgeschichte der Gopherschildkröte, wie die Kopulation, die Verteidigung des Lebensraums und der Bau von Höhlen, mit Zeiten erhöhten Obstkonsums und abwechslungsreicherer/spezialisierter Ernährung zusammen. Die erhöhte Aufnahme von Kohlenhydraten und verdaulicher Energie aus fleischigen Früchten könnte der Schildkröte mehr Zeit für diese Aktivitäten verschaffen. Durch die Klärung des Zusammenhangs zwischen saisonaler Frugivorie und Nahrungskonstanz/Spezialisierung verbessert diese Forschungsarbeit schließlich unser Verständnis der Mechanismen, die die ökologische Dynamik auf intraspezifischer Ebene beeinflussen, was sich wiederum auf Interaktionen auf Gemeinschaftsebene auswirken kann, z. B. auf die durch Tiere vermittelte Samenverbreitung.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Nun der Wechsel oder der Einbezug der Frugivorie bei entsprechenden Ressourcen und entsprechenden optimalen Temperaturen sind nicht wirklich neu, genauso wie es schon viele Erkenntnisse in Bezug auf die Samenverbreitung durch Schildkröten gibt. Allerdings sollten uns solche Arbeiten auch daran erinnern, dass auch Landschildkröten aus ariden Regionen durchaus Früchte zur Ernährung nutzen. Letzteres wirft die Frage auf, ob dann Früchte auch eine natürliche Rolle bei der Ernährung spielen, die wir den Schildkröten aus übertriebener Vorsicht mit der oft beschriebenen Ablehnung verwehren?

Literatur

Bidmon, H.-J. (2009): Ernährungsgrundlagen und Darmpassagezeiten bei herbivoren Landschildkröten – oder wie selektierende Nahrungsgeneralisten auch unter extremen Bedingungen überleben: Eine Übersicht. – Schildkröten im Fokus 6(1): 3-26 ➚.

McMaster, M. K. & C. T. Downs (2008): Digestive parameters and water turnover of the leopard tortoise. – Comparative Biochemistry and Physiology – Part A Molecular and Integrative Physiology 151(1): 114-125 oder Abstract-Archiv.

Pemberton, J. W. & J. S. Gilchrist (2009): Foraging behavior and diet preferences of a released population of giant tortoises in the Seychelles. – Chelonian Conservation and Biology 8(1): 57-65 oder Abstract-Archiv.

Strong, J. N. & J. M. V. Fragoso (2006): Seed Dispersal by Geochelone carbonaria and Geochelone denticulata in Northwestern Brazil. – Biotropica 38(5): 683-686 oder Abstract-Archiv.

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