Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, sitzt sonnend am Ufer – © Hans-Jürgen Bidmon

Banha - 2017 - 01

Banha, F., M. Gama & P. M. Anastacio (2017): The effect of reproductive occurrences and human descriptors on invasive pet distribution modelling: Trachemys scripta elegans in the Iberian Peninsula. – Ecological Modelling 360(24): 45-52.

Die Auswirkungen der Reproduktionsfähigkeit und die menschliche Beschreibung von Modellen zur Verbreitung invasiver Haustiere: Trachemys scripta elegans auf der Iberischen Halbinsel.

DOI: 10.1016/j.ecolmodel.2017.06.026 ➚

Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, – © Hans-Jürgen Bidmon
Rotwangen-Schmuckschildkröte,
Trachemys scripta elegans,
© Hans-Jürgen Bidmon

Das Aussetzen von Haustieren ist ein wichtiger Faktor bei der Verbreitung invasiver Spezies aber das Ausmaß dieses Weges ist wesentlich höher in Regionen mit einer hohen Besiedlungsdichte. De facto werden potentielle Invasoren häufig in Regionen ausgesetzt die nur suboptimale Umweltbedingungen bieten und wo sich letztere nicht vermehren können oder überhaupt neue Populationen aufbauen können. Artverbreitungsmodelle (SDMs) fokussieren sich hauptsächlich darauf die Umweltbedingung zu bestimmen in der eine gegebene Art überleben kann aber im Fall der Modelle für invasive Arten integrieren diese Modelle nicht den eigentlichen Prozess der Invasion, da bei ihnen wichtige Aspekt der menschlichen Einflussnahme unberücksichtigt bleibt. Unser Modellierungsziel war es diesen neuen Aspekt (Novelty) zu integrieren, wobei wir menschliche Faktoren wie die Dichte von Tierhandlungen in den von Menschen bewohnten Regionen einbeziehen. Diese stehen in einem direkten Bezug zu den Verbreitungswegen der untersuchten Art. Hier untersuchen wir den bimodalen Einfluss des Auftretens der Reproduktion in Verbindung mit den durch den Menschen verursachten Bedingungen auf das Verbreitungsmodell für invasive Arten. Als Modellart konzentrierten wir uns auf die Rotwangen-Schmuckschildkröte Trachemys scripta elegans (T.s.e.), einer so genannten Ikone der Invasivität mit einer weltweiten Verbreitung. Es wurden 10 Variable (mit Vorhersagecharakter) ausgewählt um die Modellierung für T.s.e. durchzuführen. Es handelte sich um vier bioklimatische (BIO1 = jährliche Durchschnittstemperatur, BIO10 = durchschnittlich Temperatur des wärmsten Quartals, BIO11 = durchschnittliche Temperatur des kältesten Quartals und BIO12 = jährliche Niederschhlagsmenge), drei topographische (Höhe, Gefälle und den topographischen Zusammensetzungsindex (CTI, Bodenuntergrund etc.)) und drei menschliche Einflussfaktoren (Tierhandlungsdichte, Abstand zu bewohntenArealen/Städten und Besiedlungsdichte). Um die Habitatnutzbarkeit für die Ansiedlung von T.s.e. zu modellieren testen wir vier Kombinationen mit je drei Vorhersagefaktoren (Menschen, Umweltfaktoren und beide zusammen), zwei Vorkommensnachweise (Reproduktion oder alle Aufzeichnungen zusammen) auf einer globalen (weltweiten) oder regionalen Ebene (Iberische Halbinsel (IP)). Für jede dieser Kombinationen wurde ein Ensemble von Nischen-basierten Modellen (NBMs) erzeugt und zwar unter Verwendung von 9 verschieden Typen von Modellen die in das BIOMOD2-Programm implementiert wurden. Für die weltweite Modellierung zeigte sich, dass das Vorkommen der Reproduktion die akkurateste Vorhersage erlaubte. Auf der regionalen Ebene erwies sich die Kombination von Umwelt mit den menschlichen Faktoren als die genaueste und sie war genauer als die Berücksichtigung der humanen Faktoren alleine. Für die weltweite und regionale Modellierung erwiesen sich als die wichtigsten Faktoren jene die mit den Temperaturparametern in Beziehung stehen wie (durchschnittliche Temperatur des kältesten Quartals, jährliche Durchschnittstemperatur, durchschnittliche Temperatur des wärmsten Quartals). Beim regionalen Modell erwiesen sich die humanen Faktoren als die wichtigsten wobei insbesondere die Besiedlungsdichte hervorstach. Unser Ansatz kann für das Management von ausgesetzten Haustierinvasoren nützlich sein insbesondere für die Identifizierung von Regionen mit einem hohen Invasionsrisiko in denen es gilt die Managementmaßnahmen vorrangig anzuwenden. Anhand unserer Modelle empfehlen wir, dass sich das Management für T.s.e. auf küstennahe Tieflandregionen konzentrieren sollte. Die Studie hebt hervor, dass es für die Modellierung wichtig ist exakte Aufzeichnungen zu nutzen die das Vorkommen und die Vorkommensbedingungen genau erfassen (wie zum Beispiel, Reproduktionsvorkommnisse). Zudem zeigen wir das Faktoren die den Aussetzungsdruck reflektieren die Zuverlässigkeit der Modelle wesentlich verbessern obwohl letztere bislang weit weniger Anwendung finden als die reinen bioklimatischen Faktoren. Dieses Rahmenwerk zur Modellierung kann auf andere invasive Arten übertragen werden die auch andere Invasionswege nutzen indem man andere Faktoren einsetzt die für die jeweilige invasive Art zu treffen, wobei es aber auch dazu kommen sollte die humanen Faktoren wie den Aussetzungsdruck mit einzubinden. Dieses Modellierungsverfahren sollte dann eine bessere Identifikation der Risikoregionen bieten und sollte es möglich machen die Managementmaßnahmen zu fokussieren. Zudem zeigt unser Modell klar welche Rolle die vom Menschen ausgehenden Faktoren für die Verbreitung invasiver Arten spielen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Nun das Modell der Autoren ist zwar genauer als seine Vorgänger und liefert auch vollständigere Einsichten in den Invasionsprozess aber es werden kaum wirklich neue Erkenntnisse aufgezeigt (siehe Garcia-Diaz et al., 2015; Kikillus et al., 2012; Standfuss et al., 2016). Das Problem mit den invasiven Arten ist ja nicht neu und die Verhinderung von Invasionen müsste, wenn man die Situation wirklich verbessern wollte viel früher einsetzen. Nämlich indem man solche Modelle überhaupt vor der Einfuhr einer neuen Art mit den Lebensbedingungen aus ihrem Herkunftsland füttert um anhand dieser Ergebnisse von vornherein feststellt wo die Art invasiv werden könnte. Letzteres schützt zwar nicht vor der unbeabsichtigten Einfuhr invasiver Arten aber sie könnte zumindest den die Arten die über den Handel also absichtlich und bewusst eingeführt werden kontrollieren. Heute ist es doch gängige Praxis, dass wir erst einführen im Handel verbreiten und uns hinterher über das invasive Potential aufregen und ganze Biologengenerationen anscheinend damit beschäftigen ein „in den Brunnen gefallenes Kind“ zu bergen.

Literatur

Garcia-Diaz, P., J. V. Ross, C. Ayres & P. Cassey (2015): Understanding the biological invasion risk posed by the global wildlife trade: propagule pressure drives the introduction and establishment of Nearctic turtles. – Global Change Biology 21(3): 1078-1091 oder Abstract-Archiv.

Kikillus, K. H.; K. M. Hare & S. Hartley (2012): Online trading tools as a method of estimating propagule pressure via the pet-release pathway. – Biological Invasions 14: 2657-2664 oder Abstract-Archiv.

Standfuss, B., G. Lipovsek, U. Fritz & M. Vamberger (2016): Threat or fiction: is the pond slider (Trachemys scripta) really invasive in Central Europe? A case study from Slovenia. – Conservation Genetics 17: 557-563 oder Abstract-Archiv.

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