Maurische Landschildkröte, Testudo graeca, – © Hans-Jürgen Bidmon

Anadon - 2007 - 01

Anadon, J. D., A. Gimenez, M. Martinez, J. A. Palazon & M. A. Esteve (2007): Assessing changes in habitat quality due to land use changes in the spur-thighed tortoise Testudo graeca using hierarchical predictive habitat models. – Diversity and Distributions 13(3): 324-331.

Abschätzung der Veränderung der Habitatqualität aufgrund von Landnutzungsveränderungen bei der Maurischen Landschildkröte, Testudo graeca, unter Nutzung von hierarchischen Vorhersagemodellen

DOI: 10.1111/j.1472-4642.2007.00343.x ➚

Maurische Landschildkröte, Testudo graeca, – © Hans-Jürgen Bidmon
Maurische Landschildkröte,
Testudo graeca,
© Hans-Jürgen Bidmon

In dieser Studie postulieren wir einen Modellaufbauversuch basierend auf der hierarchischen Integration der wichtigsten Umweltfaktoren (Klima, Topographie/Gesteinsformationen und Landnutzung), um damit die Verbreitungsmuster für die Maurische Landschildkröte im Südwesten Spaniens zu bestimmen (modellieren). Die Daten zum Vorkommen oder Fehlen der Art basierten primär auf der Befragung von Hirten. Der hierarchische Modellierungsansatz bestand aus drei Schritten. Zuerst konstruierten wir ein Modell der gesamten Region unter Verwendung der Klimaunterschiede, wodurch wir ein potentielles Klimamodell erhielten. In einem zweiten Schritt führten wir die Topographie und die Bodenformationen, die in der klimatischen Verbreitungszone vorliegen (Potentialmodell) ein. Drittens führten wir unter Benutzung des zweiten Modells die Daten für die Unterschiede in der Landnutzung ein, um das aktuelle Verbreitungsmodell zu erhalten.
Wir analysierten dann die Veränderungen der Wahrscheinlichkeitswerte für das Vorhandensein der Art in einer gegeben Parzelle zwischen dem Potential und dem aktuellen Modell, wobei wir Areale überprüften, in denen die Habitatqualität abnahm, gleich blieb oder zunahm. Die räumliche Repräsentation dieser Veränderungen war hoch kohärent. Eine Diskriminationsanalyse zeigte den Zusammenhang zwischen der Abnahme der Habitatqualität und landwirtschaftlich genutzter Landschaft, während die Areale, in denen die Habitatqualität erhalten blieb oder anstieg, mit Brach- bzw. Buschland übereinstimmten. Fünfundzwanzig Prozent (479 km2) des potentiellen Verbreitungsareals für die Art wurde suboptimal, wenn wir die Landnutzung in das Modell einfügten, was hervorhebt, wie wichtig die Veränderungen in der Landnutzung in Bezug auf die Verbreitungsdynamik und für die Erhaltungsmaßnahmen für die Maurische Landschildkröte in Südostspanien sind.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Dass die Landnutzung einen entscheidenden Faktor für die Verbreitung von Schildkröten darstellt, sollte einleuchten, obwohl auch schon in Langzeiterhebungen beobachtet wurde, dass die landwirtschaftliche Nutzung nicht unbedingt die Populationen bedroht (siehe Hailey & Willemsen (2003)). Ob man zur Feststellung dieser Sachverhalte diese Modelle braucht, ist fraglich. Sicher sind sie wohl nützlich, wenn man auf eine zeitsparende Art und Weise Vorhersagen über die Auswirkungen geplanter Landschaftsveränderungen abschätzen möchte. Allerdings bin ich seit diesem Jahr (2007) noch mehr davon überzeugt, dass die meisten solcher Abschätzungen und Gutachten zur Landschaftsplanung (Umweltverträglichkeitsgutachten) auch im modernen Europa wertlos geworden sind, denn sie berücksichtigen in den seltensten Fällen den Faktor Mensch und dabei insbesondere seine Gier. Lassen Sie sich einmal Revue passieren, dass die meisten sommerlichen Waldbrände in den mediterranen Mitgliedsstaaten der EU auf Brandstiftung im Auftrag mafiöser Organisationen zur Baulandgewinnung zurück zu führen sein sollen. Einige Reporter berichten sogar, dass sich das Geschäft auch dann lohnt, wenn das Land nicht zu Bauland umgewidmet wird, weil die EU allein an Italien 32 Millionen EURO zur Wiederaufforstung zahlt. Da kann man sich schon fragen, ob das, was mit solchen Programmen modelliert wird, das Papier wert ist, auf dem die Gutachten ausgedruckt werden würden. Wenn Sie sich in den diversen Gazetten des Sommers 2007 einmal die flächendeckende Verteilung der Brände rund ums Mittelmeer anschauen, ja da kann man es doch fast als „Gute Tat“ ansehen, wenn sich jeder Urlauber eine Schildkröte oder ein Chamäleon selbst im Naturschutzgebiet einpackt, dem bleibt dann zumindest das „EU-subventionierte Verbrandwerden“ erspart (Wie sich Feuer und Habitatverluste auswirken können siehe Hailey & Willemsen (2003)). Wer gut damit züchtet, der kann vielleicht in einigen Jahren durch Wiederansiedlungsmaßnahmen ähnliche EU-Zuwendungen einstreichen, wie die Baumschulen, die heute schon aus der Wiederaufforstung Profit schlagen. Man fragt sich wirklich, wo bleibt da die Politik? Aber wahrscheinlich verdient auch die an den Geschäften mit?!

Literatur

Hailey, A. & R. E. Willemsen (2003): Changes in the status of tortoise populations in Greece 1984-2001. – Biodiversity and Conservation 12(5): 991-1011 oder Abstract-Archiv.

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