Keswick, T. & M. Hofmeyr (2014): Refuge characteristics and preferences of Psammobates oculifer in semi-arid savanna. – Amphibia-Reptilia 35(1): 41-51.
Unterschlupfcharakteristika und Präferenzen von Psammobates oculifer in der semiariden Savanne.
DOI: 10.1163/15685381-00002920 ➚
Die Verfügbarkeit von nutzbaren Unterschlupfmöglichkeiten, die dazu dienen, extreme Temperaturen abzumildern, könnten einen kritischen Faktor darstellen, der die Verteilung der ektothermen Schildkröten in einer semiariden Landschaft mitbeeinflusst. Wir untersuchten die Unterschlupfauswahl in zwei Vegetationstypen bei der Stachelrand-Landschildkröte während fünf Jahreszeiten, um zu analysieren, wie der saisonale Klimawechsel, der Vegetationstyp und die Größenunterschiede zwischen den Geschlechtern die Unterschlupfauswahl beeinflussen. Unterschlupfe aus Pflanzen stellten 78 % der ausgewählten Verstecke, und Höhlen von Säugetieren wurden zu 22 % genutzt. Die Auswahl von Höhlen zeigte dabei keine Unterschiede zwischen den Vegetationstypen oder dem Geschlecht, aber die Bevorzugung von Säugetierhöhlen stieg beim Erreichen der Maximaltemperatur exponentiell an. Letzteres zeigt an, dass die Höhlen von Säugetieren während der Sommerhitze eine sehr wichtige Ressource für den Schutz und das Überleben kleiner Landschildkröten darstellen. Stachelrand-Landschildkröten bevorzugen ansonsten häufig Versteckmöglichkeiten unter Gräsern gegenüber anderen Pflanzenformen, und die letztere Auswahl war auch unabhängig von der Häufigkeitsverteilung von Gräsern und Büschen im Habitat. Dabei wurden von beiden Geschlechtern hochwachsende Gräser unabhängig vom Vegetationstyp überproportional häufig als Verstecke ausgewählt. Dies könnte daran liegen, dass hochwachsende Gräser dichter sind und daher besser vor Hitze und Beutegreifern schützen. Es kam aber zu einer Zunahme bei Nutzung niedriger wachsender Gräser während der kühlen Monate, was möglicherweise damit zusammenhängt, dass Verstecke in kürzeren Gräsern eine bessere Thermoregulation bei gleichzeitigem Sichtschutz für P. oculifer ermöglichen. Weibchen nutzten häufiger niedrigere Gräser als Männchen, was sich vielleicht dadurch erklären lässt, dass die größeren Weibchen mehr Sonnenexposition zum Aufwärmen brauchen. Die Körpergrößenunterschiede erklären auch, warum Männchen im Vergleich zu den Weibchen breitere, aber niedrigere Verstecke als Schutz vor Umweltgefahren auswählten. Unsere Ergebnisse unterstreichen die Komplexität der Versteckauswahl von ektothermen Lebewesen innerhalb der ariden Zonen und wie diese deren Vorkommen in der Landschaft mitbestimmt.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Diese Arbeit beschreibt eigentlich ein sehr schönes Bild der Verstecknutzung durch diese Schildkröten, die letztendlich auch für die Tierhaltung von Bedeutung ist und die klar darauf verweist, dass eine saisonabhängige und geschlechtsabhängige Unterschlupfauswahl erfolgt. Wenn man also solche Schildkröten hält, braucht man eigentlich für die wärmere Sommerzeit hohe dichte Grasbüschel und während der kühleren Saison niedrigere, zumindest so lange man extreme Höchsttemperaturen vermeidet, die ansonsten auch noch tiefer ins Substrat reichende Höhlen erfordern würden. In Bezug auf die Geschlechter bräuchten bei dieser Art Weibchen höhere Unterschlupfmöglichkeiten, während Männchen etwas breitere, aber dafür niedrigere Verstecke bevorzugen. Hieraus geht schon hervor, dass es das im Zooladen zu erwerbende Standardversteck zur Terrarien- oder Gehegeeinrichtung gar nicht geben kann und es eher auf eine kreative Vielfalt mit möglichst lebenden Pflanzen bei der Einrichtung ankommt. Was auch bei dieser Arbeit, wie bei so vielen zu kurz kommt, ist die Berücksichtigung der Luftfeuchte, da sie komplizierter zu messen ist. Das führt zwar dazu, dass fast alle einen guten Unterschlupf nach seinem Sichtschutz und seiner angemessenen Beschattung (Hitzeschutz) beurteilen, aber auf die damit verbundenen Luftfeuchten kaum eingehen. Hier lässt sich aber schon an der Auswahl und Bevorzugung von Gräsern, die bodennah dichtere Wuchsformen als Sträucher hervorbringen, klar erkennen, dass die in dichterer Vegetation vorherrschende höhere relative Luftfeuchte auch einen wesentlichen Faktor darstellen dürfte, den es auch in Bezug zur Höhlennutzung zu beachten gilt (Bidmon & Jennemann 2006; Kinlaw & Grasmueck 2012). Zur Überlebenswichtigkeit solcher Vegetationsformationen siehe auch Attum et al. (2013).
Literatur
Attum, O., Kramer, A. & S.M. Baha El Din (2013): Thermal utility of desert vegetation for the Egyptian tortoise and its conservation Implications. – Journal of Arid Environments 96: 73-79 oder Abstract-Archiv.
Bidmon, H.-J. & G. Jennemann (2006): Hohe relative Luftfeuchtigkeit, gleich glatte Panzer: Wie lässt sich das in der Landschildkrötenhaltung praktikabel realisieren? – Schildkröten im Fokus 3(4): 3-18 ➚.
Kinlaw, A. & M. Grasmueck (2012): Evidence for and geomorphologic consequences of a reptilian ecosystem engineer: The burrowing cascade initiated by the Gopher Tortoise. – Geomorphology 157-158: 108-121 oder Abstract-Archiv.