Fransenschildkröte, Chelus fimbriatus, – © Fabio Andrew G. Cunha

Cunha - 2024 - 01

Cunha, F. A. G., B. R. Forsberg, R. C. Vogt, F. X. V. Domingos, B. G. Marshall, B. C. Brito, O. P. de Sousa, D. Kasper, A. L. P. Santos & M. Ândrade (2024): Mercury biomagnification in the food chain of a piscivorous turtle species (Testudines: Chelidae: Chelus fimbriata) in the Central Amazon, Brazil. – Ecotoxicology: Online ahead of print.

Biomagnifikation von Quecksilber in der Nahrungskette einer fischfressenden Schildkrötenart (Testudines: Chelidae: Chelus fimbriata) im zentralen Amazonasgebiet, Brasilien.

DOI: 10.1007/s10646-024-02756-w ➚

Fransenschildkröte, Chelus fimbriatus, – © Hans-Jürgen Bidmon
Fransenschildkröte,
Chelus fimbriatus,
© Hans-Jürgen Bidmon

Aufgrund ihrer natürlichen Geschichte und ihrer ökologischen Eigenschaften sind Schildkröten hervorragende Organismen für die Untersuchung von Schwermetallverunreinigungen. Schildkröten sind geografisch weit verbreitet, besiedeln unterschiedliche aquatische Lebensräume und nehmen verschiedene trophische Ebenen ein. Die vorliegende Studie untersuchte die Quecksilber-Bioakkumulation in der fleischfressenden Chelus fimbriata (Matamata-Schildkröte) und die Hg-Biomagnifikation im Zusammenhang mit ihrer aquatischen Nahrungskette im mittleren Rio Negro, AM-Brasilien. Es wurden Gewebeproben von Muskeln, Panzern und Krallen von 26 C. fimbriata-Individuen sowie Sammlungen von autotrophen Energiequellen aus dem aquatischen Lebensraum der Schildkröte entnommen. Die Proben wurden im Februar und März 2014 entnommen und auf THg-Konzentrationen sowie stabile Isotope von Kohlenstoff (δ13C) und Stickstoff (δ15N) untersucht. Die höchsten THg-Konzentrationen wurden in Klauen (3.780 ng.g-1), Panzer (3.622 ng.g-1) und Muskeln (403 ng.g-1) gefunden, die sich signifikant unterschieden [F(2,73) = 49,02 p < 0.01]. Die THg-Konzentrationen im Muskelgewebe lagen jedoch unter der von der WHO und dem brasilianischen Gesundheitsministerium angegebenen Verbrauchsschwelle. Die durchschnittlichen δ13C- und δ15N-Werte in den Matamata-Proben lagen bei -31,7 ‰ bzw. 11,9 ‰. Die Hauptenergiequelle, die die Nahrungskette von C. fimbriata aufrechterhält, sind terrestrische Sträucher, mit kleineren Beiträgen von aufsteigenden Wasserpflanzen und Algen, während die δ15N-Werte zeigen, dass ihre trophische Position zwei Stufen über den autotrophen Energiequellen liegt. Es bestand eine positive Korrelation zwischen THg und der Größe der Schildkröte, während eine signifikante Beziehung zwischen THg und δ15N festgestellt wurde, die eine starke biologische Anreicherung in der Nahrungskette von C. fimbriata zeigt: y = 0,21x + 0,46; r2 = 0,45; p < 0,001, wobei die Steigung einen Wert von 0,21 aufweist.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Die Einleitung liefert eine gute Literaturübersicht über Schildkröten als Bioindikatoren und sie liefert die Begründung, warum man hier Quecksilber in einem Schwarzwasserhabitat untersuchen wollte. Dabei ist dieses Habitat weit entfernt von den Goldschürfgebieten sodass die hier gemessenen Hg-Belastungen der Schildkröten von natürlichen Ressourcen stammen, da die Region bekannt für quecksilberhaltige Böden ist. Das aus der Erde freigesetzte Quecksilber wird in den Feuchtgebieten methyliert und reichert sich dann in den dort lebenden Organismen an. Dabei war anhand der Isotopenanalyse auffällig, dass die höchsten Quecksilberbelastungen aus terrestrischen Pflanzen und aquatischen Algen stammten. Etwas, was man eigentlich bei einer karnivoren Wasserschildkröte nicht erwarten würde. Allerdings reichert sich das Quecksilber ja schon in den Beutetieren der Matamatas an, die sich von diesen Pflanzen bzw. Früchten ernähren. Insofern mal wieder ein schönes Beispiel dafür wie abhängig selbst die großen Flüsse bewohnenden Lebewesen bezüglich der Nahrungskette von Landhabitaten sind und mit beeinflusst werden. Zudem wird das noch dadurch begünstigt, dass Fisch dafür bekannt ist Quecksilber einzulagern, sodass man bei einer stark fischhaltigen Ernährung immer mit einer etwas höheren Quecksilberbelastung rechnen muss auch dort, wo die Quecksilberbelastung vergleichsweise niedrig ausfällt. Was auch auffällt ist der Befund, dass sich das Hg in den „toten“ Geweben wie Panzerschuppen und Krallen (Keratin) vermehrt ablagert, während die niedrigeren Werte im Muskelgewebe gerade noch unterhalb der Grenzwerte, die für die menschliche Ernährung gelten liegen.

Literatur

Blanvillain, G., J. A. Schwenter, R. D. Day, D. Point, S. J. Christopher, W. A. Roumillat & D. W. Owens (2007): Diamondback terrapins, Malaclemys terrapin, as a sentinel species for monitoring mercury pollution of estuarine systems in South Carolina and Georgia, USA . – Environmental Toxicology and Chemistry 26(7): 1441-1450 oder Abstract-Archiv.

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