Aldabra-Riesenschildkröte, Aldabrachelys gigantea, – © Hans-Jürgen Bidmon

Waibel - 2013 - 01

Waibel, A., C. J. Griffiths, N. Zuel, B. Schmid & M. Albrecht (2013): Does a giant tortoise taxon substitute enhance seed germination of exotic fleshy-fruited plants? – Journal of Plant Ecology 6(1): 57-63.

Kann ein Riesenschildkrötenersatztaxon die Samenkeimfähigkeit von exotischen Pflanzen mit fleischigen Früchten erhöhen?

DOI: 10.1093/jpe/rts003 ➚

Aldabra-Riesenschildkröte, Aldabrachelys gigantea, – © Hans-Jürgen Bidmon
Aldabra-Riesenschildkröte,
Aldabrachelys gigantea,
© Hans-Jürgen Bidmon

Ziel
Die Verwendung exotischer Spezies als Ersatz für ausgestorbene Arten zur Restauration von verloren gegangenen ökologischen Interaktionen wird derzeit heiß diskutiert. Aldabrachelys gigantea, Riesenlandschildkröten wurden kürzlich auf drei Inseln des Mascarenen-Archipels ausgesetzt (Ile aux Aigrettes, Round Island und Rodrigues), um als Pflanzensamenverbreiter zu fungieren und die Funktionen der einstmals vorhanden ausgerotteten Riesenschildkröten zu ersetzen. Allerdings ist weitgehend unbekannt, wie weit ihre Potenz reicht, auch unbeabsichtigte Einflüsse als Fruchtfresser in den natürlichen Ökosystemen auszuüben; z. B. ob sie vielleicht auch die Keimfähigkeit exotischer invasiver Pflanzenspezies beschleunigen. Wir untersuchten ob A. gigantea, die 2006 auf Rodrigues ausgesetzt worden waren, wirklich die Keimfähigkeit der Samen von vier auf der Insel weitverbreiteten invasiven Pflanzen mit fleischigen Früchten erhöhen. Keimfähigkeitstests mit dem Ziel Vorhersagen zu unbeabsichtigten Auswirkungen der Auswilderung früchtetragender Pflanzenarten zu ermöglichen, können Erhaltungsmanagern zeigen, wie sie negative Auswirkungen verhindern können, bevor sie auftreten.

Methoden
In Keimtests, die über 4 Monate angesetzt waren, untersuchten wir, welche Auswirkungen das Gefressenwerden (Darmpassage und Verbleiben im Kot) durch subadulte und adulte A. gigantea auf den Prozentsatz der Keimlinge von den vier exotischen Pflanzen mit fleischigen Früchten hat, die auf Rodrigues eingeführt wurden. Wir verfütterten die Früchte dieser Pflanzenarten an subadulte und adulte A. gigantea, um zu testen ,wie sich Unterschiede im Alter und der Größe der Schildkröten auf die Keimfähigkeit auswirken. Die zusätzliche Verfütterung farbiger Plastikpellets zusammen mit den Früchten ermöglichte die individuelle Identifikation der Kotproben der verschiedenen Schildkröten und das damit assoziierte Keimverhalten.

Wichtigste Ergebnisse
Die Aufnahme der Früchte durch A. gigantea erhöhte den prozentualen Anteil keimender Samen bei Mimusops coriacea und Lantana camara, aber nicht bei Veitchia merrillii oder Wikstroemia indica. Die Chance, dass die Samen nach dem Gefressenwerden keimten, lag bei subadulten Schildkröten höher als bei Adulten, was darauf zurückzuführen sein könnte, dass subadulte Individuen eine etwas kürzere Darmpassagezeit zeigten. Unsere Ergebnisse zeigen, dass eingebürgerte frugivore Ersatztaxa die Keimfähigkeit exotischer, invasiver Pflanzenarten beschleunigen können, was dazu führt, dass Erhaltungsmanager das Risiko, das damit einhergehen kann, gegenüber dem Nutzen abwägen müssen, um das eigentlich beabsichtigte Restaurationspotential in Bezug auf die Samenverbreitung einheimischer, endemischer und gefährdeter Pflanzen der auszuwildernden Ersatzarten zu erzielen. Unsere Ergebnisse heben ebenso die Bedeutung der Berücksichtigung des Alters und der Körpergröße der Frugivoren, insbesondere bei langlebigen Taxa wie den Riesenschildkröten hervor, da dies auch Auswirkungen auf die Keimfähigkeit der Pflanzen haben kann.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Nun wieder einmal ein Befund der bezogen auf die Schildkröten zumindest A. gigantea als Fruchtfresser beschreibt (siehe auch Kommentar zu Pemberton & Gilchrist 2009). Dabei kann man fast schon davon ausgehen, dass nicht nur endemische Pflanzenarten von solchen Ersatztaxa in Bezug auf ihre Verbreitung profitieren. Allerdings, wenn es unter den bedrohten endemischen Pflanzenarten welche gibt, die ohne die Hilfe der eingeführten tierischen Ersatzarten gar nicht mehr keimen können, wie das bei einigen der Fall ist, scheint der positive Effekt solcher Ersatztaxa durchaus zu überwiegen.

Literatur

Pemberton, J. W. & J. S. Gilchrist (2009): Foraging behavior and diet preferences of a released population of giant tortoises in the Seychelles. – Chelonian Conservation and Biology 8(1): 57-65 oder Abstract-Archiv.

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