Grüne Meeresschildkröte, Chelonia mydas, ein Albino-Schlüpfling – © Justin R. Perrault

Van Houtan - 2015 - 01

Van Houtan, K. S., J. M. Halley & W. Marks (2015): Terrestrial basking sea turtles are responding to spatio-temporal sea surface temperature patterns. – Biology Letters 11(1): 20140744.

An Land sonnenbadende Meeresschildkröten reagieren auf räumlich-zeitliche Muster der Meeresoberflächentemperatur.

DOI: 10.1098/rsbl.2014.0744 ➚

Grüne Meeresschildkröte, Chelonia mydas, – © Hans-Jürgen Bidmon
Grüne Meeresschildkröte,
Chelonia mydas,
© Hans-Jürgen Bidmon

Frühe Naturbeobachter wie unter anderen Darwin beobachteten schon das Sonnenbaden der Suppenschildkröten (Chelonia mydas), aber die Verteilung und die Umwelteinflüsse, die dieses Verhalten auslösen, blieben meist unverstanden. Hier untersuchten wir über sechs Jahre das tägliche Sonnenbadeverhalten auf Hawaii und verglichen dessen Vorkommen mit den lokalen Meeresoberflächentemperaturen (SST, Sea surface temperature). Die Daten und die durchgeführten Modellberechnungen zeigten, dass die Sonnenbäder dann eine Häufigkeitsspitze zeigten, wenn die SST am niedrigsten war und wir fanden zudem, dass diese Phasen übereinstimmend mit den Markierungen auftraten, die einen so genannten Knochenstress (Wachstumsverzögerung) zeigen. Als nächstes überprüften wir die SST-Profile für alle 11 bekannten globalen Suppenschildkrötenpopulationen für eine Dekade. Dabei ergab sich, dass die Sonnenbäder üblicherweise während des Winters auftreten, wenn die SST unter 23 °C sinkt. Von 1990 bis 2014 ergab sich, dass für alle diese Populationen die SST im Durchschnitt um 0,04 °C pro Jahr (Spanne 0,01-0,09 °C/Jahr) angestiegen war. Ein Anstieg, der ungefähr dreimal über dem globalen Durchschnittsanstieg der Temperatur für diese zeitliche Periode lag. Wenn wir diesen Anstieg auch für die zukünftigen Temperaturanstiege für die jeweiligen Sonnenbadeplätze vorausprojizieren, dann dürften Sonnenbäder an Land weltweit im Jahr 2100 nicht mehr vorkommen. Um zu besseren Vorhersagen und Managementmaßnahmen für die Folgen des zukünftigen Klimawandels zu gelangen, plädieren wir für mehr Untersuchungen, die ein detaillierteres Verständnis darüber ermöglichen, wie das Klima die Biologie der Organismen beeinflusst.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Dem letzten Satz des Abstracts kann man zwar nur zustimmen, aber jedem dürfte einleuchten, dass das ein unrealisierbarer Traum sein dürfte. Auch heute schon haben viele Studien für einzelne Spezies solche Klimavariablen mit in ihre Planungen und Auswertungen einbezogen, aber es ist erstens nicht möglich, das für alle Spezies und Lebensräume zu realisieren und zweitens meist dahingehend falsch, weil solche Szenarien davon ausgehen, dass die betroffenen Arten nicht auch selbst darauf reagieren. Ich denke aber, dass wir dabei ein ganz anderes Phänomen beobachten werden und auch gar nicht wie hier prognostiziert auf den Anblick sonnenbadender Suppenschildkröten im Jahr 2100 verzichten müssen, weil sich diese Tiere in neue für sie heute noch zu kalte Regionen und Küstenabschnitte ausbreiten werden, und zwar nicht nur weil es wärmer wird, nein, weil sie auch ihrer Nahrung folgen müssen. Denn hier wird ja wieder nur ein Phänomen das Sonnenbaden beurteilt, ohne dass sich jetzt schon jemand fragt, warum halten sich die Suppenschildkröten überhaupt in Regionen auf, wo die Meeresoberflächentemperatur derzeit so weit abkühlt, dass sie auch zusätzlich an Land wagen müssen, um sich aufzuwärmen. Ich denke diese Frage kann man nur beantworten, wenn man ihre Ernährungssituation mit einbezieht, und wir haben mittlerweile alle aus vielen Daten und selbst aus medienwirksam vermarkteten Meerestierdokumentationen gelernt, dass die kühleren Meereszonen und Strömungen weit nahrungsreicher sind als dauerhaft warme Gewässer. Siehe z. B. auch Arthur et al. (2007), Roark et al. (2009), Bailey et al. (2012), Mazaris et al. (2013).

Literatur

Arthur, K. E., J. M. O'Neil, C. J. Limpus, K. Abernathy & G. Marshall (2007): Using animal-borne imaging to assess green turtle (Chelonia mydas) foraging ecology in Moreton Bay, Australia. – Marine Technology Society Journal 41(4): 9-13 oder Abstract-Archiv.

Bailey H., S. Fossette, S. J. Bograd, G. L. Shillinger, A. M. Swithenbank, J. Y. Georges, P. Gaspar, K. H. Strömberg, F. V. Paladino, J. R. Spotila, B. A. Block & G. C. Hays (2012): Movement Patterns for a Critically Endangered Species, the Leatherback Turtle (Dermochelys coriacea), Linked to Foraging Success and Population Status. – PLoS One 7(5): e36401 oder Abstract-Archiv.

Mazaris, A. D., A. S. Kallimanis, J. D. Pantis & G. C. Hays (2013): Phenological response of sea turtles to environmental variation across a species’ northern range. – Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences 280(1751): 20122397 oder Abstract-Archiv.

Roark, A. M., K. A. Bjorndal & A. B. Bolten (2009): Compensatory responses to food restriction in juvenile green turtles (Chelonia mydas). – Ecology 90(9): 2524-2534 oder Abstract-Archiv.

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