John, E. A., F. Soldati, O. H. P. Burman, A. Wilkinson & T. W. Pike (2016): Plant ecology meets animal cognition: impacts of animal memory on seed dispersal. – Plant Ecology 217: 1441-1456.
Pflanzenökologie trifft auf die Kognition bei Tieren: Der Einfluss des Erinnerungsvermögen von Tieren auf die Samenverbreitung.
DOI: 10.1007/s11258-016-0652-3 ➚
Wir postulieren, dass das Verständnis über die Lernfähigkeit und das Erinnerungsvermögen wichtig ist, um Vorhersagen über den Einfluss von Tieren auf Pflanzenpopulationen zu machen, wobei Prozesse wie Samenverbreitung, Bestäubung und Herbivorie im Vordergrund stehen. Wir konzentrieren uns hier auf die Endozoochorie und überprüfen die Beweise dafür, dass das Gedächtnis von Tieren eine Rolle für die Samenverbreitung spielt und wir präsentieren ein Modell, das die Untersuchung von fundamentalen Konsequenzen für das Gedächtnis während dieser Prozesse erlaubt. Wir demonstrieren die Entscheidungsfindung bei Tieren, die auf den von ihnen gemachten Vorerfahrungen beruhen, und somit mitbestimmen, welche Pflanzen aufgesucht werden, welche Früchte zum Fressen ausgewählt werden und wo potentiell Samen ausgeschieden werden. Zudem sind diese Prozesse eine wichtige Voraussetzung für das Überleben dieser Tiere. Zusammengefasst lassen diese Ergebnisse vermuten, dass der Einfluss den die Lernfähigkeit von Tieren und deren Erinnerungsvermögen für die Samenverbreitung sehr wichtig ist, obwohl zur Zeit unser Verständnis für diese Prozesse noch durch einen Mangel an empirischen Daten beeinträchtigt wird. Dies liegt zum Teil daran, dass es schwierig ist entsprechende Experimente durchzuführen und dies ist häufig auch dadurch bedingt, dass es nur wenige Zusammenarbeiten zwischen Pflanzenökologen und Zoologen gibt, die sich mit der Kognition bei Tieren beschäftigen. Wir glauben, dass ein verbessertes Verständnis dieser Vorgänge, wie sich z. B. Erinnerungsvermögen bei Interaktionen im Sinne der Endozoochorie auswirkt, ermöglichen würde bessere Vorhersagen über die Entwicklung von Ökosystemen zu machen wie zum Beispiel bei Habitatfragmentation, bei Einfuhr neuer Arten von Pflanzen und Tieren oder bei der Wiederansiedlung von Spezies, die in manchen Systemen ausgerottet worden waren. Nicht zu Letzt hoffen wir, dass diese Ideen einen Einfluss darauf haben Forschungsarbeiten in dieser Richtung zu initiieren.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Nun, wie ich finde puschen diese Autoren ein bekanntes Phänomen in den Vordergrund, welches eigentlich nicht mehr in der Form gerechtfertigt ist. Allerdings, wie auch die vielen Arbeiten zur sogenannten Ökosystemrestauration zeigen, verweisen sie hier auch auf ein Phänomen, das uns lange behindert hat, nämlich die Aufspaltung komplexer Lebensvorgänge in einzelne getrennte Fachrichtungen wie Zoologie und Botanik usw. Leben ist ein ganzheitlicher Prozess den man in Einzelteilen zerlegt kaum mehr gerecht werden kann. Ein Thema das hier schon des Öfteren angesprochen wurde. Siehe auch Kommentare zu: Soldati et al. (2017), Del Vecchio et al. (2011), Saenz-Arroyo et al. (2006).
Literatur
Del Vecchio, S., R. L. Burke, L. Rugiero, M. Capula & L. Luiselli (2011): The turtle is in the details: microhabitat choice by Testudo hermanni is based on microscale plant distribution. – Animal Biology 61(3): 249-261 oder Abstract-Archiv.
Saenz-Arroyo, A., C. M. Roberts, J. Torre, M. Carino-Olvera & J. P. Hawkins (2006): The value of evidence about past abundance: marine fauna of the Gulf of California through the eyes of 16th to 19th century travellers. – Fish and Fisheries 7(2): 128-146 oder Abstract-Archiv.
Soldati F., Burman O.H.P., John, E.A., Pike T.W. & A. Wilkinson (2017): Long-term memory of relative reward values. – Biology Letters 13(2) oder Abstract-Archiv.