Loehr - 2022 - 01

Loehr, V. J. T. & T. Keswick (2022): Structure and projected decline of a Karoo dwarf tortoise population. – Journal of Wildlife Management 86(2): e22159.

Die Struktur und die Projektion für den Populationsrückgang für die Karoo-Zwergschildkröte.

DOI: 10.1002/jwmg.22159 ➚

Unauffällig, versteckt lebende und weiträumig verteilte Spezies werden in der Wissenschaft häufig wenig beachtet, was meist eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf deren Populationsstatus mit sich bringt was auch mit fehlenden Erhaltungsbemühungen einhergeht. Die Karoo-Zwergschildkröte (Chersobius boulengeri) lebt endemisch in Südafrika wo sie sich die meiste Zeit in Verstecken innerhalb sehr trockener Orte aufhält und nur sehr selten zu sehen ist. Wir führten eine über drei Jahre laufende Fang-Wiederfangstudie (2018-2020) durch um die Größe und Struktur der einzigen Karoo-Zwergschildkrötenpopulation die derzeit bekannt ist zu untersuchen. Die Population innerhalb unseres 16 Hektar umfassenden Hauptuntersuchungsgebiets bestand primär aus adulten Männchen und Weibchen bei einer Besiedlungsdichte von 3,3 Individuen pro Hektar. Viele Individuen hatten stark verformte Panzer und erschienen sehr alt. Kleine Individuen (gerade Carapaxlänge < 65 mm) repräsentierten nur 8 % der Gesamtpopulation wobei es sich hauptsächlich um sehr junge Schlüpflinge handelte. Insgesamt hatten die Schildkröten eine als hoch eingeschätzte Überlebensrate (0,77-0,95; unteres 95 % Konfidenzlimit für die kleinsten Schildkröten 0,16) und dass obwohl es eine 15-monatige Trockenperiode gab. Das Fehlen der kleineren Individuen deutet an, dass nur wenige Individuen in die Population hineinwachsen und deuten auf einen Populationsrückgang. Die Bejagung durch Rabenvögel war die offensichtlichste Bedrohung für alle Größenklassen dieser Schildkröten. Wir schätzten, dass diese lokale Population über die gesamte 250 Hektar umfassende Untersuchungsfläche mit 800-900 Männchen und Weibchen besiedelt war und wir empfehlen als vorrausschauende Erhaltungsmaßnahme das Zurückdrängen der durch den Menschen unterstützten Bejagung durch Vögel.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Auch hier erleben wir wieder eine der unbeabsichtigten Folgen der Landnutzung durch den Menschen, denn sowohl die Errichtung offener permanenter Wasserstellen wie auch die meist noch verhängnisvollere Anlage von Abfalldeponien begünstigen die starke Vermehrung und Koloniebildung von Rabenvögeln. Ein Phänomen welches sich in den Trockengebieten aller Erdteile beobachten lässt und zur Verarmung der Herpetofauna beiträgt. Siehe z. B. Segura et al., (2020) und den dortigen Kommentar.

Literatur

Segura, A., J. Jimenez & P. Acevedo (2020): Predation of young tortoises by ravens: the effect of habitat structure on tortoise detectability and abundance. – Scientific Reports 10(1): 1874 oder Abstract-Archiv.