Lindeman, P. V. (2006): Diet of the Texas map turtle (Graptemys versa): Relationship to sexually dimorphic trophic morphology and changes over five decades as influenced by an invasive mollusk. – Chelonian Conservation and Biology 5(1): 25-31.
Nahrung der Texas-Landkartenschildkröte (Graptemys versa): Beziehungen zwischen einer geschlechtsspezifischen unterschiedlichen ernährungsbedingten Morphologie und deren Veränderung während der letzten fünf Dekaden durch eine invasive Muschel.
DOI: 10.2744/1071-8443(2006)5[25:DOTTMT]2.0.CO;2 ➚
Die Nahrung der Texaslandkartenschildkröte (Graptemys versa) im Flusssystem des Colorado wurde untersucht, erstens durch Magenspülungen und Kotanalysen bei Tieren, die zwischen 1998-1999 gefangen wurden, und zweitens durch das Sezieren von Museumspräparaten, die 1949 vor der Einwanderung der exotischen asiatischen Muschel (Corbicula spp.) gesammelt worden waren. Es zeigte sich, dass Kot ein besserer Indikator für die Vielfältigkeit bei der Ernährung ist, wenn man logarithmische Vergleichsmethoden benutzt, die es ermöglichen, Probenvolumen in Bezug zur Körpergröße zu analysieren, wenn man den Fakt berücksichtigt, dass Corbicula in den Mageninhalten kleiner Weibchen völlig fehlt die aber dennoch zahlreiche Schalenfragmente im Kot aufweisen. Adulte Männchen fressen hauptsächlich aquatische Insekten (primär Trichopteren und Ephemeropteren) und sie zeigten nur sehr geringfügige Änderungen in der Nahrungszusammensetzung während der letzten 50 Jahre. Kleine Weibchen, die eine vergleichbare Körpergröße wie adulte Männchen hatten, hatten breitere Köpfe und eine größere Alveolaroberfläche der Kiefer als Männchen und sie fraßen hauptsächlich die Corbicula-Muscheln, Schnecken und Insektenlarven sowie Algen. Weibchen, die größer waren als Männchen, zeigten eine deutliche Verschiebung im Nahrungsspektrum von einer hohen Nahrungsdiversität in 1949, welche kleine Sphaeride (einheimische Flussmuscheln), Trichopterenlarven, Schwämme, Moostierchen und Algen beinhaltete, hin zu einer monotonen Nahrung, die fast ausschließlich aus den eingewanderten Corbicula bestand. Basierend auf den Daten dieser und früherer Studien lässt sich feststellen, dass das Einwandern der invasiven Muscheln aus der Gattung Corbicula in die nordamerikanische Flüsse dazu führte, dass sich das Nahrungsspektrum in Bezug auf die Artenvielfalt bei weiblichen Graptemys mit mittlerer Kopfgröße sehr stark verringerte.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Ein sehr schönes Beispiel für einen funktionalen Sexualdimorphismus in der Kopfform in Bezug auf die Nutzung unterschiedlicher Nahrung. Ferner zeigt uns dieses Beispiel neben der Fähigkeit zur Anpassung der Schildkrötenweibchen an eine neue Nahrung auch welche langfristigen Konsequenzen sich aus den durch Menschen verursachten Veränderungen im Nahrungsspektrum für die Tiere ergeben können. Rechnen wir in Menschengenerationen, so waren zwei Generationen ausreichend, diese Veränderungen zu etablieren, was uns klar zeigt, dass Evolution weitergeht und nicht stehen bleibt, etwas dass man vielleicht bei den oft konsequenten Diskussionen um Erhaltungsstrategien und Maßnahmen etwas aus den Augen verliert, denn trotz der Versuche einen Ist-Zustand zu erhalten werden die Veränderungen weitergehen.