Gelbkopfschildkröte, Indotestudo elongata, mit Radiotransmitter frisst Blätter – © Matthew Ward

Ihlow - 2024 - 01

Ihlow, F., C. Spitzweg, M. Flecks, N. A. Poyarkov, P. P. Mohapatra, V. Deepak & U. Fritz (2024): Unexpected lack of genetic and morphological divergence in a widespread tortoise- Phylogeography of Indotestudo elongata. – Salamandra 60(3):183–194.

Unerwarteter Mangel an genetischer und morphologischer Divergenz bei einer weit verbreiteten Schildkröte - Phylogeographie der Indotestudo elongata.

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Gelbkopfschildkröte, Indotestudo elongata, – © Abhijit Das
Gelbkopfschildkröte,
Indotestudo elongata,
© Abhijit Das

Die vielfältige klimatische und geologische Geschichte Südostasiens war eine treibende Kraft hinter der bedeutenden Dynamik der Verbreitungsgebiete im Pleistozän und Holozän und der daraus resultierenden biologischen Diversifizierung in der Region. Unter den Arten, die ein weites Verbreitungsgebiet aufweisen, das sich über mehrere bekannte zoogeografische Barrieren erstreckt, zeichnet sich die Gelbkopfschildkröte (Indotestudo elongata) durch ihre große Variabilität in Größe, Form und Färbung aus. Um die phylogeografische Differenzierung innerhalb von I. elongata zu untersuchen, analysierten wir drei mitochondriale Genfragmente (ND4, cyt b und COI) von 52 Individuen, darunter 14 historische Exemplare und 25 Sequenzen aus der Genbank. Phylogenetische Analysen des verketteten Alignments ergaben eine genetische Homogenität über das gesamte Verbreitungsgebiet, was durch einen geringen mittleren unkorrigierten p-Abstand von 1,2 % bei cyt b unterstützt wird. Dies entspricht einem überraschenden Mangel an biogeographischer Strukturierung. Multivariate statistische Analysen morphometrischer und färbungsbezogener Merkmale von 166 erwachsenen Schildkröten (79 Männchen und 87 Weibchen) aus Myanmar, Thailand, Kambodscha und Vietnam zeigten keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den biogeografischen Einheiten. Das Fehlen eines phylogeografischen Signals und einer morphologischen Differenzierung trotz signifikanter biogeografischer Barrieren ist ungewöhnlich für ein Landwirbeltier aus dieser Region. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass Landschildkröten seit Jahrtausenden als Nahrungsmittel genutzt wurden. Es könnte sein, dass ihre derzeitige weite Verbreitung und das Fehlen einer genetischen Differenzierung das Ergebnis einer beträchtlichen Ausdehnung des Verbreitungsgebiets sind, die durch eine umfangreiche, vom Menschen vermittelte Ausbreitung im Rahmen des prähistorischen und historischen Schildkrötenhandels verursacht wurde. Das beobachtete Fehlen einer phylogeografischen Struktur vereinfacht Erhaltungsmaßnahmen wie Erhaltungszucht, Wiederansiedlung und Populationsverstärkung erheblich.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Eine interessante Interpretation für einen Vorgang der durch den Menschen verursachten Schildkrötenfaunendurchmischung und Verbreitung für Indotestudo elongata. Die Frage, die sich stellt, ist doch die: Bringt dieser Fakt nicht nur eine Erleichterung für deren Arterhaltungsmanagement (siehe z. B. Bidmon, 2024) oder könnte es wohl für die Art weitere Vorteile bzw. auch Nachteile langfristig haben? Ich denke einmal, den südostasiatischen Staaten und Artenschützern könnte das mehr helfen, als wenn sie nun hinter jeder Bergkette eine eigene abgrenzbare Elongata-Evolutionslinie berücksichtigen müssten. Letzteres dürfte es auch in Bezug auf die Nachzuchten in Zoos und Privathand leichter machen Zuchtgruppen für Indotestudo elongata zusammenzustellen. Es denn man will dieser Spezies wieder nachträglich oder sekundär zu einer geografischen Struktur verhelfen. Siehe dazu auch vergleichsweise Fritz et al. (2012), Gallego-Garcìa et al., (2023) und Vamberger et al., (2020).

Literatur

Fritz, U., L. Alcalde, M. Vargas-Ramirez, E. V. Goode, D. U. Fabius-Turoblin & P. Praschag (2012). Northern genetic richness and southern purity, but just one species in the Chelonoidis chilensis complex. – Zoologica Scripta 41(3): 220-232 oder Abstract-Archiv.

Gallego-Garcìa, N., M. Vargas-Ramírez & H. B. Shaffer (2023): The importance of cryptic diversity in the conservation of wide-ranging species: The red-footed tortoise Chelonoidis carbonarius in Colombia. – Molecular Ecology 32(16): 4531–4545 oder Abstract-Archiv.

Ginal, P., J. Stahlberg, A. Rauhaus, P. Wagner, D. Rödder & T. Ziegler (2023): Threatened turtles and tortoises (Testudines) in zoos: A ZIMS database analysis for improved One Plan Approach to Conservation actions. – Salamandra 59(3): 262-274 oder Abstract-Archiv.

Vamberger M., C. Spitzweg, A. de Silva, R. Masroor, P. Praschag & U. Fritz (2020): Already too late? Massive trade in Indian star tortoises (Geochelone elegans) might have wiped out its phylogeographic differentiation. – Amphibia-Reptilia 41(1): 133-138 oder Abstract-Archiv.

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