Santa-Cruz-Riesenschildkröte, Chelonoidis porteri, ein wanderndes Tier – © Christian Ziegler

Blake - 2024 - 02

Blake, S., F. Cabrera, S. Cruz, G. Rivas-Torres, S. L Deem, A. Nieto-Claudin, R. A. Zahawi & G. Bastille-Rousseau (2024): Invasion by Cedrela odorata threatens long distance migration of Galapagos tortoises. – Ecology and Evolution 14(2): e10994.

Die Invasion von Cederela odorata gefährdet die Langstreckenmigration von Galapagosschildkröten.

DOI: 10.1002/ece3.10994 ➚

Santa-Cruz-Riesenschildkröte, Chelonoidis porteri, – © Stephen Blake
Santa-Cruz-Riesenschildkröte,
Chelonoidis porteri, ein senderbestückter Schlüpfling
auf Santa Cruz
© Stephen Blake

Invasive gebietsfremde Arten gehören zu den größten Bedrohungen für die biologische Vielfalt. Invasive Arten können zu einem katastrophalen Rückgang der Populationen einheimischer und endemischer Arten und zum Zusammenbruch der Ökosystemfunktionen führen. Ein zweites großes globales Problem für die Erhaltung der Artenvielfalt ist die Ausrottung mobiler Großtiere, einschließlich der Langstreckenmigranten, die oft eine ökologische Schlüsselrolle in großräumigen Arealen spielen. Hier berichten wir über eine potenziell katastrophale Synergie zwischen diesen Phänomenen, die die endemische Tierwelt des Galapagos-Archipels bedroht. Mit Hilfe von GPS-Telemetrie verfolgten wir 140 Wanderungen von 25 westlichen Galapagos-Schildkröten der Insel Santa Cruz. Wir zeichneten die räumliche Interaktion zwischen den Wanderungen der Schildkröten und dem kürzlich angelegten nicht-einheimischen Wald auf, der von dem invasiven Baum Cedrela odorata (Cedrela-Wald) dominiert wird. Wir qualifizierten (a) den Anteil der Schildkröten deren Wanderungen den Cedrela-Wald durchquerten, und (b) die Wahrscheinlichkeit, dass dieses beobachtete Muster der Wanderungen zufällig auftrat. Die Wanderungen der Schildkröten beschränkten sich überwiegend auf kleine Korridore zwischen den Cedrela-Waldblöcken, was darauf hindeutet, dass diese bewaldeten Flächen eindeutig gemieden werden. Nur acht von 140 Wanderungen durchquerten ausgedehnte Cedrela-Bestände. Die Schildkröten meiden die Cedrela-Wälder während ihrer Wanderungen. Die weitere Ausdehnung des Cedrela-Waldes bedroht die Langstreckenwanderungen und die Lebensfähigkeit der vom Aussterben bedrohten Galapagos-Schildkröten. Die angewandte Forschung zur Ermittlung wirksamer Managementlösungen zur Eindämmung der Cedrela-Invasion kommt eine hohe Priorität zu.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Arbeit beschreibt einen sehr negativen Aspekt der Ausbreitung einer um 1940 auf Santa Cruz eingeführten Baumart, die sich invasiv ausbreitet und zwar über die bewirtschafteten Waldflächen hinaus. Ein Problem, welches sich sicher nicht so leicht lösen lässt, da allein das Inlandsgeschäft mit dem Holz sich auf 2 Millionen Dollar beläuft, was für eine Insel ein durchaus ökonomisch relevanter Betrag ist. Die Ausbreitung dieser Baumart führt auch zu Veränderungen bei der endemischen Flora und in den Waldflächen finden die Schildkröten anscheinend nicht mehr genug Nahrung und offene Stellen für die Thermoregulation. Ob sich dieser sich heute in Bezug auf die Thermoregulation negativ auswirkende Aspekt vielleicht einmal bei global ansteigenden Temperaturen als Vorteil herausstellen könnte bleibt abzuwarten, aber damit ist das Problem der knappen Nahrungsverfügbarkeit für die Riesenschildkröten nicht gelöst. Diese Waldausbreitung zu verhindern, dürfte zudem nur mit entsprechenden Landschaftspflegemaßnahmen zu erreichen sein, die auch finanzierbar sein müssen. Wir sehen also, menschliche Einflussnahmen wirken sich selbst auf den als Ikonen der Evolution gehandelten Inseln negativ aus. Ob dadurch die Riesenschildkröten langfristig weniger bedroht sein werden als die Aldabra-Riesenschildkröten bleibt noch offen, denn letztere werden durch den Anstieg des Meeresspiegels wohl noch schneller ihren Lebensraum verlieren. Insofern kann oder muss man vielleicht heute schon über das zukünftige Anlegen von Metapopulationen am Festland nachdenken.

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