Pantherschildkröte, Stigmochelys pardalis, Fundort: Windhoek, Namibia – © Victor Loehr

Fledelius - 2005 - 01

Fledelius, B., G. W. Jorgensen, H. E. Jensen & L. Brimer (2005): Influence of the calcium content of the diet offered to leopard tortoises (Geochelone pardalis). – Veterinary Record 156(26): 831-835.

Einfluss des Kalziumgehalts in der an Pantherschildkröten (Geochelone pardalis) verfütterten Nahrung

DOI: 10.1136/vr.156.26.831 ➚

Pantherschildkröte, Stigmochelys pardalis, – © Hans-Jürgen Bidmon
Pantherschildkröte,
Stigmochelys pardalis,
© Hans-Jürgen Bidmon

Vierundzwanzig juvenile Pantherschildkröten wurden in vier Gruppen zu je sechs Tieren aufgeteilt. Eine Gruppe erhielt eine Grundnahrung mit geringer Kalziumkonzentration über sechs Monate, und die anderen drei Gruppen wurden mit der gleichen Grundnahrung gefüttert, die mit der einfachen, dreifachen bzw. neunfachen Kalziummenge angereichert war, bezogen auf eine für Reptilien empfohlene Kalziumsupplementierung. Die Knochenmineralisierung und die Dichte der Knochenmineralisation wurden mit der Dual-Energy-X-Ray-Absorptiometrie (Röntgenverfahren) bestimmt, und es wurden Blutproben zu Beginn und am Ende des Experiments analysiert. Eine Schildkröte von jeder Gruppe wurde nach Abschluss der Studie histopathologisch untersucht. Es zeigte sich ein klarer Kalziumverlust in der Gruppe ohne Kalziumzugabe und die Schildkröten mit der empfohlenen einfachen Kalziumgabe zeigten eine Knochenmineralisierung, die geringer als erwartet, ausfiel. Die Schildkröten mit der dreifachen Kalziummenge wuchsen am schnellsten und zeigten ein gutes Wohlbefinden. Allerdings zeigte die histopathologische Nachuntersuchung in beiden Gruppen, die die höchsten Kalziumgaben bekommen hatten metastasenartige Kalziumablagerungen in den inneren Organen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Es handelt sich hier um eine sehr interessante Studie, die viele Fragen aufwirft und eigentlich unter besseren Bedingungen wiederholt werden müsste, denn wie aus der Arbeit hervorgeht, gab es Tiere, die mit Hexamiten infiziert waren, so dass letztendlich eigentlich keine eindeutige Aussage darüber gemacht werden kann, ob die befundeten Organablagerung allein durch zuviel Kalzium oder durch viel Kalzium in Kombination mit einer vorhergehenden Infektion zustande gekommen sind, zumal die Autoren keine Angaben über die Infektionsraten der überlebenden Tiere machen, und im Abstract auf die Infektion gar nicht eingehen. Ebenso scheint mir die Quarantäne-ähnliche Haltung der Versuchstiere bei 25 ºC Raumtemperatur und 50 ºC Temperatur unter einem punktuell beleuchtenden 80W UVB emittierenden Strahler ohne Angabe des UVB-Spektrums, bei 70 % rel. Luftfeuchte auf Zeitungspapier für ungeeignet, um 6-18 Monate alte Pantherschildkröten über einen Zeitraum von 6 Monaten normal aufzuziehen. Zudem verweisen die Autoren auf die strikte rein pflanzliche Ernährung, die zwar empfohlen wird, aber von im Freiland aufgezogenen Jungtieren von kaum einer herbivoren Landschildkrötenart wirklich befolgt wird, da alle Jungtiere dem Futter anhaftenden Insekten, Schnecken und Würmern nicht abgeneigt sind und sie sogar aktiv suchen und verfolgen. Die wichtigen ungeklärten und bedenkenswerten Fragen, die sich hier aber stellen, betreffen die gute Zuwachsrate bei erhöhter Kalziumgabe bei, wenn nicht durch Infektion (siehe oben) bedingter, pathologischer Kalzifizierung der inneren Organe, im Wesentlichen Herz und Nieren. Sicher brauchen junge Schildkröten Kalzium, aber eben wie viel? Schon Highfield (2000)* verweist darauf, dass gerade die Savannen und Wüstenränder bewohnenden Arten wie G. pardalis und G. sulcata zwar an die Verdauung relativ siliziumreicher Gräser besser angepasst sind als andere Arten, aber diese Pflanzen sind in der Regel sehr kalziumarm, wohl mit ein Grund dafür, warum gerade diese Schildkröten (meist für Adulte beschrieben) dafür bekannt sind, dass sie Kadaverknochen abnagen, um in der Natur zusätzliches Kalzium (plus tierische Proteinrückstände) zu bekommen. Solche Knochenfunde sind aber meist Ausnahmen und deuten an, dass die Schildkröten unter natürlichen Bedingungen gar keine stetig hohen Kalziummengen in der Nahrung haben. Außerdem ist aus vielen Tierexperimenten bekannt, dass eine überphysiologische Erhöhung der Kalziumspiegel die Vitamin D-Synthese hemmt, und solch experimentell über eine Kalziumerhöhung erzeugte Absenkung der Vitamin D-Spiegel hemmt z. B. die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse und andere Parameter, die Vitamin D-abhängig reguliert werden. Insofern frage ich mich, ob es Sinn macht, solchen Arten täglich über lange Zeiträume hinweg hohe Kalziummengen zu verabreichen, oder ob es nicht besser ist, über adäquate Mengen an UVB-Strahlung oder Vitamin D-Gaben die Kalziumaufnahme zu optimieren, aber die Kalziummenge in der Nahrung normal zu halten und nur ab und zu (alle drei Wochen) zusätzliches Kalzium (z.B. Schulp, Muschelgrit, Knochenmehl) anzubieten, um eine eventuelle Unterversorgung durch Eigenaufnahme zu minimieren. Licht ist ein entscheidender Faktor, wie schon mehrmals beschrieben, sind auch beim herbivoren Grünen Leguan die Skelettmineralsierung und das Wachstum bei gleicher Kalziumgabe unter Sonnenlicht wesentlich normaler als bei ungenügender UVB-Strahlung.

Literatur

Highfield, A.C. (2000): The Tortoise and Turtle Feeding Manual. – London (Carapace Press), 52 S.

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