Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, sitzt sonnend am Ufer – © Hans-Jürgen Bidmon

Peng - 2020 - 01

Peng, Q., Y. H. Chen, L. Ding, Z. M. Zhao, P. Y. Yan, K. B. Storey, H. T. Shi & M. L. Hong (2020): Early-life intestinal microbiome in Trachemys scripta elegans analyzed using 16S rRNA sequencing. – PeerJ 8(12): e8501.

Das intestinale Mikrobiom der frühen Lebensstadien bei Trachemys scripta elegans unter Anwendung der 16S rRNS-Sequenzierung.

DOI: 10.7717/peerj.8501 ➚

Rotwangen-Schmuckschildkröte, Trachemys scripta elegans, – © Hans-Jürgen Bidmon
Rotwangen-Schmuckschildkröte,
Trachemys scripta elegans,
© Hans-Jürgen Bidmon

Während der ersten Lebensphase nach dem Schlupf sind die Schlüpflinge der Rotwangen-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) noch für einige Tage von den internen Dotterreserven im Darm abhängig bevor sie zu fressen beginnen. Das Darmmikrobiom ist dabei ein wichtiger Faktor der die Anpassungsleistung des Organismus an die neuen Umweltbedingungen ermöglicht, aber bis heute ist unbekannt wie sich die Mikrobiomtaxa während der ersten Lebensphasen von Schildkröten entwickeln und zusammenstellen. In dieser Studie wurde das Darmmikrobiom von Rotwangen-Schmuckschildkrötenschlüpflingen (gefüttert mit kommerziellen Pelletfutter) systematisch mit einem Hochdurchsatz-Sequenzierungsansatz analysiert und zwar zu vier frühen Wachstumsphasen (Tag 0, 10, 20 und 30). Die Ergebnisse zeigten, dass die dominanten Bakterienstämme (Phyla) am Tag Null von den Firmicutes (58.23 %) und Proteobacteria (41.42 %) gestellt wurden während am Tag 10 die Firmicutes (92.94 %) ausmachten und am Tag 20 waren es 67,08 % Firmicutes und 27,17 % Bacteroidetes wobei dann am 30igsten Tag Firmicutes (56.46 %), Bacteroidetes (22.55 %) sowie Proteobacteria (20.66 %) die Hauptphyla stellten. Auffällig ist, dass die Vertreter aus der Familie der Bacteroidaceae am Tag null und zehn völlig fehlten, aber an den Tagen 20 und 30 dominant im Darm der Schildkröten vertreten waren. Die Abundanz (Vorkommenshäufigkeit) von Clostridium zeigte ebenso nur am Tag 10 ein Maximum. Insgesamt gesehen war die Menge der Bakterien an den Tagen 0 und 30 geringer als an den Tagen 10 und 20, wobei aber die Artenvielfalt (Diversität) an den Tagen 10 und 30 höher lag als an den Tagen 0 und 20. Diese Ergebnisse verweisen darauf wie dieses Darmmikrobiom es den Schildkröten ermöglicht sich ihrer Umwelt anzupassen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Dieses Abstract beinhaltet nur eine grobe allgemeine Zusammenfassung der Befunde, denn die Arbeit enthält weit mehr detaillierte Daten zur Bakterienzusammensetzung als hier zum Ausdruck kommt. Zudem ist sehr schön beschrieben, dass diese Zusammensetzung der vorgefundenen Darmbakterien ganz deutlich unterschiedlich ist zu den Bakterientaxa die im Wasser nachgewiesen werden konnten. Sicher gibt es Überschneidungen, da die Schildkröten ja auch mit dem Kot Bakterien ausscheiden, aber dennoch sind ganz klare Unterschiede zu erkennen, die darauf schließen lassen, dass nur bestimmte Bakterientaxa den Schildkrötendarm besiedeln können und sich dort auch unterschiedlich gut vermehren. Inwieweit hier die Zusammensetzung der Darmbakterien durch das Pelletfutter mit geprägt wird kann nur vermutet werden. Vielleicht wäre zu erwarten, dass sich diese Zusammensetzung der Darmflora von jener in freier Wildbahn unterscheidet, aber die meisten dieser Darmbakterienphyla wurden auch schon für wildlebende Wasserschildkröten beschrieben (siehe Akbar et al., 2019; Ahsan et al., 2018, Fugate et al., 2019, Sarmiento-Ramírez, et al, 2014). Auffällig ist, dass am Tag null überhaupt schon Bakterien vorhanden sind, da die Schildkröten die ersten 10 Tage nach dem Schlupf noch nicht gefüttert worden waren und noch von ihren Dotterreserven zehrten. Hier kann man sicher davon ausgehen, dass die ersten Bakterien die ihren Darm besiedeln beim Eröffnen der Eischale schon aufgenommen werden die dann zu jenen gehören dürften die außen auf der Eischale vorhanden waren und die sich dann im Darm differentiell so entwickelten, dass das Phylum der Proteobakteria erstmal verloren ging und sich fast nur jene der Firmicutes im Darminneren stark vermehrten. Nichtsdestotrotz handelt es sich hier um eine wichtige Arbeit, die zum einen die Möglichkeiten zur Darmmikrobiomanalyse bei Schildkröten aufzeigt und die trotz des Kunstfutters doch verdeutlicht wie sich die Darmflora entwickelt und trotz gleichbleibenden Futters altersbedingt verändern kann. Wenn wir einmal berücksichtigen welche enorme Bedeutung sich für das Mikrobiom in der Humanmedizin schon herauskristallisiert hat (Diaz Heijtz et al., 2011; Loughman et al., 2020), dann sollten wir erkennen, dass gerade für Nachzuchtprojekte mit dem Ziel der Wiederauswilderung sich daraus wichtige Anhaltspunkte ergeben die bei Umstellung von artifizieller Gehegeaufzucht zu Umsiedlung in die freie Wildbahn im Sinne größtmöglicher Überlebenschancen eventuell zu berücksichtigen wären. Auch für die veterinärmedizinische Überwachung von Gefangenschaftshaltungen und Head-Startprogrammen sowie für therapeutische Zwecke können solche Befunde diagnostisch wertvoll und hilfreich sein.

Literatur

Ahasan, M. S., T. B. Waltzek, R. Huerlimann & E. Ariel (2018): Comparative analysis of gut bacterial communities of green turtles (Chelonia mydas) pre-hospitalization and post-rehabilitation by high-throughput sequencing of bacterial 16S rRNA gene. – Microbiological Research 207: 91-99 oder Abstract-Archiv.

Akbar, N., N. A. Khan, K. Sagathevan, M. Iqbal, A. Tawab & R. Siddiqui (2019): Gut bacteria of Cuora amboinensis (turtle) produce broad-spectrum antibacterial molecules. – Scientific Reports 9(1): 17012 oder Abstract-Archiv.

Diaz Heijtz, R., S. Wang, F. Anuar, Y. Qian, B. Björkholm, A. Samuelsson, M. L. Hibberd, H. Forssberg & S. Pettersson (2011): Normal gut microbiota modulates brain development and behavior. – Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 108(7): 3047-3052.

Fugate, H. M., J. M. Kapfer & R. W. McLaughlin (2019): Analysis of the Microbiota in the Fecal Material of Painted Turtles (Chrysemys picta). – Current Microbiology 77(1): 11-14 oder Abstract-Archiv.

Loughman, A., A. L. Ponsonby, M. O'Hely, C. Symeonides, F. Collier, M. L. K. Tang, J. Carlin, S. Ranganathan, K. Allen, A. Pezic, R. Saffery, F. Jacka, L. C. Harrison, P. D. Sly & P. Vuillermin (2020): Gut microbiota composition during infancy and subsequent behavioural outcomes. – EBioMedicine 52: 102640; DOI: 10.1016/j.ebiom.2020.102640 ➚.

Sarmiento-Ramírez, J. M., M. van der Voort, J. M. Raaijmakers & J. Diéguez-Uribeondo (2014): Unravelling the Microbiome of Eggs of the Endangered Sea Turtle Eretmochelys imbricata Identifies Bacteria with Activity against the Emerging Pathogen Fusarium falciforme. – PLoS One 9(4): e95206 oder Abstract-Archiv.

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