Luiselli, L. (2006): Resource partitioning in the communities of terrestrial turtles: A review of the evidences. – Revue d'Ecologie – La Terre et la Vie 61(4): 353-365.
Ressourcenaufteilung innerhalb der Lebensgemeinschaften von Landschildkröten: Eine Review der Befunde.
DOI: None
In dieser Studie fasse ich die Untersuchungen zusammen, die sich mit der Organisation von Lebensgemeinschaften bei terrestrischen Schildkröten beschäftigen, um die Muster der Ressourcenaufteilung aufzuzeigen und um Vorhersagen treffen zu können, ob die zwischenartliche Konkurrenz eine bedeutende Kraft (Selektionsdruck) für diese wechselwarmen Lebewesen darstellt oder nicht. Diese Reptilen zeigen durchweg vier nahezu konstante ökologische Lebensbedingungen, die einen Einfluss auf die zwischenartliche Konkurrenz haben könnten: i. niedrige Artenzahl pro Lebensraum; ii. hohe Lebensdauer; iii. herbivore und/oder omnivore Ernährung; iv. vergleichsweise niedrige Populationsdichten. Basierend auf den Voraussetzungen, die sich aus diesen ökologischen Charakteristika ableiten lassen, leite ich ab, dass zwischenartliche Konkurrenz eine geringere Rolle innerhalb terrestrischer Schildkrötengemeinschaften spielt, als dies für andere Reptiliengemeinschaften (Echsen, Schlangen) bekannt ist. Nach der Auswertung der gesamten international verfügbaren Literatur zu diesem Thema komme ich zu dem Schluss, dass die meisten der Schildkrötengemeinschaften der Erde derzeit nicht wesentlich durch zwischenartliche Konkurrenz beeinflusst werden. In den meisten Fällen zeigt ihre geographische Artendiversität (hier Verteilung) das Ersetzen einer Spezies durch eine andere Spezies. In den Regionen unseres Planeten, in denen mehr als eine Art sympatrisch vorkommt, zeigt sich auch, dass für diese Arten aktuell die zwischenartliche Konkurrenz eine eher untergeordnete Rolle spielt, denn diese sympatrisch vorkommenden Spezies zeigen eine sehr klare räumliche Verteilung, die mit der räumlichen Verteilung ihrer jeweiligen Nahrung einhergeht. Anhand der Monte Carlo Simulationen für das Überlappen der ökologischen Nischen im Vergleich zu den real genutzten ökologischen Nischen zeigten die Daten für die geographische Region des tropischen Afrikas, wo für die Ökologie der Lebensgemeinschaften von 3 sympatrisch vorkommende Landschildkröten, von 3 sciniden Echsenarten, von vier Arten von Chamäleons und von 19 Schlangenarten exakte Datenanalysen vorliegen, dass die zwischenartliche Konkurrenz bei den Schildkrötenarten statistisch signifikant niedriger liegt als bei den anderen Reptilien. Dabei ergab sich auch, dass die räumliche Einnischungen, sprich die Nischendimensionen zwischen den Schildkrötenarten, wesentlich klarer aufgeteilt waren, als dies bei den anderen wechselwarmen Arten der Fall war. Diesbezüglich scheinen terrestrische Schildkröten im Vergleich zu anderen Reptilien eine Ausnahme darzustellen, da zwischenartliche Konkurrenz bezüglich ihrer Gemeinschaftsökologie keinen Einfluss zu haben scheint.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Eine sehr gute Übersichtsarbeit, die insgesamt 109 Originalarbeiten auswertet, die zu diesem Thema in der Vergangenheit verfasst wurden. Die Daten sollten von Schildkrötenhaltern nicht dahingehend missverstanden werden, dass man verschiedene Schildkrötenarten problemlos vergesellschaften kann, denn es wird klar gezeigt, dass zwischen Schildkrötenarten die Konkurrenzvermeidung hauptsächlich darauf beruht, dass die Arten sich die zur Verfügung stehenden räumlichen und Nahrungsressourcen aufteilen. Indirekt lässt daraus aber auch schließen, dass selbst dann, wenn alle Arten durchaus eine bestimmte Futtersorte gemeinsam nutzen könnten, es doch zu einer artspezifischen Aufteilung der Nahrung kommt. Da aber eine artspezifische Ernährung bzw. Nahrungsnutzung in den meisten Fällen auch artspezifische, ernährungsphysiologische Anpassungen nach sich zieht, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass allein schon aus ernährungsphysiologischer Sicht nicht Landschildkröte gleich Landschildkröte ist. Eine Feststellung, die heute in den meisten Beschreibungen zur Haltung und artgerechten Fütterung noch kaum Berücksichtigung findet. Insofern sollte man sich schon fragen, ist das, was oftmals als (artgerechtes???) Einheitsfutter genutzt wird, zwar ausreichend, um die Tiere am Leben zu erhalten und in dem einen oder anderen Fall auch zu züchten, aber müssten wir nicht zumindest dort, wo es Zuchtprobleme gibt, doch mehr auf die artspezifischen Bedürfnisse bei der Ernährung achten?