Galeotti, P., R. Sacchi, M. Fasola, D. P. Rosa, M. Marchesi & D. Ballasina (2005): Courtship displays and mounting calls are honest, condition-dependent signals that influence mounting success in Hermann's tortoises. – Canadian Journal of Zoology – Revue Canadienne de Zoologie 83(10): 1306-1313.
Balzgehabe und Paarungslaute sind echte, konditionsabhängige Signale, die den Paarungserfolg bei Griechischen Landschildkröten beeinflussen
DOI: 10.1139/Z05-130 ➚
Wie bei anderen Landschildkröten basiert das Balzverhalten der Griechischen Landschildkröten (Testudo hermanni Gmelin, 1789) auf vielfältigen Signalsystemen, die sowohl visuelle, geruchliche, taktile als auch akustische Signale einschließen. In dieser Studie analysierten wir die Beziehungen zwischen der Morphologie der Männchen, ihrem hämatologischen Profil, ihrer Paarungsintensität, ihren Rufen und ihrem Kopulationserfolg bei Griechischen Landschildkröten, die in einem seminatürlichen Gehege gehalten wurden, um zu erfahren, wie die männliche Kondition in Signalen zum Ausdruck gebracht wird, und wie sich diese letztendlich auf den Paarungserfolg auswirkt. Die Ergebnisse belegten klar, dass der Paarungserfolg bei Griechischen Landschildkröten positiv beeinflusst wird von der Anzahl sexueller Interaktionen pro Stunde, von der Anzahl der Bisse, die an die Weibchen während der Balz ausgeteilt werden und von der Rufrate und Spanne der Ruffrequenzmodulation. Rufrate, Ruffrequenzmodulation und Anzahl der sexuellen Interaktionen/Std. gingen einher mit einem erhöhten Hämatokrit-Wert, wohingegen die Anzahl der an die Weibchen ausgeteilten Bisse abnahm, wenn die Leukozytenkonzentration im Blut erhöht war. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Balzverhalten, das männliche Griechische Landschildkröten an den Tag legen, einschließlich deren Lautäußerungen zuverlässig etwas über verschiedene Parameter ihrer Kondition (Fitness) aussagt, wobei Weibchen diese Signale nutzen können, um möglichst qualifizierte Kopulationspartner zu wählen. Dies ist eine der ersten Studien, die die konditionsabhängige Natur der Landschildkrötenbalz dokumentiert und deren Bezug zum Kopulationserfolg belegt.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Sicher wird es den Weibchen einfach gemacht, denn anscheinend scheint die Anzahl der Bisse eines der sichersten Merkmale zu sein, einen gesunden Kopulationspartner für den Nachwuchs zu wählen, oder man entzieht sich seinen häufigeren Bissen eben eher und lässt ihn gewähren. Dennoch, die Evolution scheint dieser Art von Balz (die wir oft als Vergewaltigung ansehen würden) einen Vorteil neben vielen anderen Möglichkeiten eingeräumt zu haben. Allerdings balzen Griechische Landschildkröten in der Natur nur zu ganz bestimmten klimatischen Bedingungen, die in ihren Herkunftsbiotopen meist nur von kurzer Dauer sind. Die oft das ganze Jahr über ablaufenden Paarungsaktivitäten, wie wir sie in Deutschland beobachten, sind sicher unnatürlich, weil wir eben auch im Sommer meist nächtliche Abkühlungen haben, wie sie in Griechenland eben nur im zeitigen Frühjahr nach der Winterstarre und im Spätherbst kurz vor der Winterstarre auftreten. Diese Abkühlungen sind es aber gerade, die die Männchen zur Balz stimulieren, wodurch hierzulande fast jede sommerliche Schlechtwetterphase eine solche auslöst. Letzteres kann es durchaus notwendig werden lassen, die Geschlechter während dieser Zeit zu trennen. Allerdings wer nun beim Anblick einer solchen aggressiven Balz Mitleid empfindet, der sollte sich klar machen, dass es zur normalen Lebensweise der Schildkröten gehört und so sein muss. Deshalb sollte sich auch niemand wundern, wenn die Befruchtungsrate bei den abgelegten Gelegen niedrig bleibt, weil man eben aus falsch verstandenem Mitleid mit den Weibchen immer schon zu früh eingegriffen hat.
Manchen Tierhaltern sagt man ja nach, dass das Verhalten der Pfleglinge auf den Besitzer abfärbt, hoffen wir in unser aller Interesse, dass es bei Schildkrötenhaltern nicht so ist!