Bloodgood, J. C. G., S. M. Hernandez, A. Isaiah, J. S. Suchodolski, L. A. Hoopes, P. M. Thompson, T. B. Waltzek & T. M. Norton (2020): The effect of diet on the gastrointestinal microbiome of juvenile rehabilitating green turtles (Chelonia mydas). – PLoS One 15(1): e0227060.
Die Auswirkungen der Ernährung auf das gastrointestinale Mikrobiom bei juvenilen Suppenschildkröten (Chelonia mydas) während der Rehabilitation.
DOI: 10.1371/journal.pone.0227060 ➚
Die gefährdeten und bedrohten Suppenschildkröten (Chelonia mydas) sind einzigartig den sie beenden als Juvenile ihre pelagische Lebensweise und sammeln sich in küstennahen Gewässern wo sie zeitgleich von einer mehr omnivoren zu einer hauptsächlich herbivoren Ernährung (Seegras und Algen) übergehen. Wenn solche Jungschildkröten verletzt oder krank aufgefunden werden werden sie in sogenannte Rehabilitationsstationen überführt in denen häufig proteinreiche Nahrung (Meeresfrüchte, Fisch) verfüttert wird um den verletzungsbedingten Mangel an Appetit und der Auszehrung entgegen zu wirken. Wir untersuchten wie sich dabei das mit dem Kot ausgeschiedene Mikrobiom der jungen Suppenschildkröten während der Rehabilitationsmaßnahme veränderte. Wir sammelten Kotproben von Januar 2014 bis Januar 2016 bei 17 Schildkröten während der Rehabilitation im Georgia Sea Turtle Center und nutzten sogenannte Gensequenzierungsanalysen der neusten Generation um die Zusammensetzung des Mikrobioms zu erfassen. Die Proben wurden zum Zeitpunkt der Einlieferung, zur Mitte der Erholungsphase und nach vollständiger Genesung entnommen. Während dieser Zeitspanne erfolgte auch der Wechsel von einer gemischten Meeresfrüchte/Pflanzen-Nahrung zur Zeit der Aufnahme hin zu einer hauptsächlich herbivoren Nahrung der gesunden Individuen. Die dominanten Bakterienstämme (Phyla) veränderten sich dabei mit der Zeit und zwar von den primär dominanten Firmicutes (55.0 %) mit nur geringen Anteil an Bacteroidetes (11.4 %) zum Zeitpunkt der Aufnahme zu hauptsächlich Bacteroidetes (38.4 %) und geringeren Anteil an Firmicutes (31.8 %) nach Genesung. Während sich sehr wahrscheinlich das Mikrobiom auch mit dem sich verändernden Gesundheitsstatus verändert, so lässt die konsistent bei allen Individuen beobachtete Verschiebung hin zu mehr Bacteroidetes als Firmicutes den Schluss zu, dass für die herbivor ernährten gesunden Individuen die Wichtigkeit der Proteinverdauung immer noch Vorrang hat für die insbesondere die Bacteroidetes wichtig sind. Die Firmicutes sind aber unerlässlich für die Verdauung und Metabolisierung der pflanzlichen Polysaccharide. Daraus kann man schließen, dass die Abnahme bei den Firmicutes zu einer Abnahme bei der Verdaubarkeit der natürlichen Nahrung (Wildnahrung) bei den wieder ausgewilderten Individuen führen könnte. Diese Studie verweist auf die Wichtigkeit dieses Wechsels hin zu einer hauptsächlich herbivoren Ernährung die während der Rehabilitation so früh wie möglich erfolgen sollte um ihnen einen – das Überleben bestmöglich sichernden – Start in Freiheit zu gewährleisten.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Obwohl dafür noch keine gesicherten Freilanddaten vorliegen (siehe auch Ahasan et al., 2018) gehen die Autoren dieser Studie davon aus, dass man so früh wie möglich auf herbivore Nahrung während der Rehabilitation umstellen sollte, damit der Anteil der Fermicutes sich so schnell wie möglich im Darm wieder erhöht um zu gewährleisten, dass ausgewilderten Suppenschildkröten ihre neritische Pflanzennahrung bestmöglich verdauen können. Ich weiß aber nicht ob diese Schlussfolgerung wirklich so zu treffen ist, denn wie jüngste Studien zeigen ist der Anteil der Firmicutes gerade bei frischen Schlüpflingen von Süßwasserschildkröten sehr hoch und die ernähren sich während dieser Zeit fast ausschließlich noch von den Dotterproteinen die noch im Darm gespeichert sind (siehe Peng et al., 2020). Insofern wäre auch vorstellbar, dass das innere Darmmilieu in Folge einer physiologischen Anpassung dafür sorgt das die Darmbakterienstämme bevorzugt werden die gerade für die Metabolisierung der Nahrungsbestandsanteile zuständig sind die in der Nahrung unterrepräsentiert sind. Somit könnte der erhöhte Anteil der Fermicutes bei Einlieferung ins Rehabilitationszentrum auch dafürsprechen, dass diese Individuen noch einen höheren Anteil leichtverdaulicher proteinreicher Tierischer Nahrung hatten als jene die während dieser zweijährigen Rehabilitation dann auf eine dem Altersstatus auch eher entsprechenden herbivoren Nahrung umgestellt worden waren. Denn die Autoren können bei ihrem Probenahmeschema nichts darüber aussagen wie schnell sich das Darmmikrobiom mit der Nahrung umstellt während man von Schlüpflingen der Rotwangen-Schmuckschildkröte inzwischen weiß, dass solche Umstellungen innerhalb weniger Tage erfolgen können (Peng et al., 2020). Trotz der interessanten Ergebnisse sind hier sicherlich noch detailliertere Studien notwendig um den genauen Ursachen auf die Spur zu kommen und die Ergebnisse therapeutisch sinnvoll nutzbar zu machen. Es scheint aber auch individuelle Unterschiede zugeben wie das für adulte Chrysemys picta bekannt wurde bei denen zumindest 2 von 10 Individuen eine etwas andere Mikrobiomzusammensetzung aufwies als die anderen 8 (Fugate et al., 2019).
Literatur
Ahasan, M. S., T. B. Waltzek, R. Huerlimann & E. Ariel (2018): Comparative analysis of gut bacterial communities of green turtles (Chelonia mydas) pre-hospitalization and post-rehabilitation by high-throughput sequencing of bacterial 16S rRNA gene. – Microbiological Research 207: 91-99 oder Abstract-Archiv.
Fugate, H. M., J. M. Kapfer & R. W. McLaughlin (2019): Analysis of the Microbiota in the Fecal Material of Painted Turtles (Chrysemys picta). – Current Microbiology 77(1): 11-14 oder Abstract-Archiv.
Peng, Q., Y. H. Chen, L. Ding, Z. M. Zhao, P. Y. Yan, K. B. Storey, H. T. Shi & M. L. Hong (2020): Early-life intestinal microbiome in Trachemys scripta elegans analyzed using 16S rRNA sequencing. – PeerJ 8(12): e8501 oder Abstract-Archiv.
Galerien
Chelonia mydas – Grüne Meeresschildkröte