Mathie, R. T., L. Hansen, M. F. Elliott & J. Hoare (2007): Outcomes from homeopathic prescribing in veterinary practice: a prospective, research-targeted, pilot study. – Homeopathy 96(1): 27-34.
Ergebnisse, die mit der Verschreibung homöopathischer Mittel in der veterinärmedizinischen Praxis erzielt werden. Eine vorausschauende forschungsgerichtete Studie.
DOI: 10.1016/j.homp.2006.10.002 ➚
Hintergrund und Ziele: Eine zielorientierte wissenschaftliche Entwicklung in der veterinärmedizinischen Homöopathie hängt sehr von den Informationen und der systematischen Sammlung und Analyse der klinischen Daten von praktizierenden Tierärzten ab. Wir organisierten deshalb ein Pilotprojekt zur Datenerfassung, in dem 8 Fakultäten von homöopathisch praktizierenden Tierärzten praxisbasierte klinische Daten und Daten zu den erzielten Ergebnissen über eine Periode von 6 Monaten beisteuerte. Methoden: Es wurde ein spezifisch gestaltetes Excel Formular erstellt, das es ermöglichte, die konsekutiven Patientenbesuche unter den im Folgenden angeführten Thematiken zu erfassen: Datum; Identität des Patienten und des Besitzers (anonymisiert); Alter, Geschlecht und Spezies; gesundheitliche Kondition/Beschwerden, Behandlung; abgesicherte Diagnose, chronische oder akute Beschwerden, Neu- oder Folgebehandlung; Von Besitzer bewertetes Behandlungsergebnis (7-Punkte Likert Skala: -3 bis +3) im Vergleich mit dem Zustand bei Erstvorstellung; verordnete homöopathische Medikamente; andere zusätzliche Medikamente zur Behandlung der Beschwerden. Die Fragebögen wurden monatlich per E-Mail an die Projektorganisatoren zur Datenüberprüfung, Datenzusammenfassung und Analyse eingereicht. Resultate: Die praktizierenden Tierärzte reichten ihre Daten regelmäßig ein und die meisten Datensätze waren vollständig. 767 individuelle Patienten wurden behandelt (547 Hunde, 155 Katzen, 50 Pferde, 5 Kaninchen, 4 Meerschweine, 2 Vögel, 2 Ziegen, 1 Kuh, und 1 Landschildkröte). Behandlungsergebnisse aus zwei oder mehreren homöopathischen Behandlungen pro Patient wurden für 539 Fälle abgegeben (79,8 % zeigten eine Verbesserung, 6,1 % eine Verschlechterung, 11,7 % zeigten keine Veränderungen; keine Angaben wurden in 2,4 % gemacht). Sehr positive Behandlungserfolge (Score von +2 oder +3) wurden erreicht bei: Arthritis und bei Epilepsie von Hunden und in geringerer Fallzahl bei atopischer Dermatitis, Gingivitis und bei Schilddrüsenüberfunktion bei Katzen. Schlussfolgerung: Eine systematische Datenerfassung durch Tierärzte aus der klinischen Praxis ist durchführbar und äußerst informativ für die Planung zukünftiger Forschungsvorhaben im Bereich der veterinärmedizinischen Homöopathie. Eine überarbeitete Version des Erfassungsbogens kann für eine groß angelegte, forschungsorientierte, veterinärmedizinische Datensammlung genutzt werden.
Kommentar von H.-J. Bidmon
Dieses Abstract hat, außer dass auch eine Landschildkröte Erwähnung findet, nichts direkt mit Schildkröten zu tun, und auch die homöopathische Behandlung liegt mir nicht unbedingt am Herzen. Allerdings beschreibt diese Arbeit eine äußerst effektive und zielorientierte Datenerfassung, die auch eine entsprechende Analyse erlaubt und die mir zudem sehr praktikabel und kostengünstig erscheint. Eine solche Datenerfassungsmethode ist ja nicht auf die Homöopathie beschränkt. Sie ließe sich ohne großen Aufwand direkt auf die Reptilienmedizin übertragen. Sind wir doch mal ehrlich, wirkliche Reptilienveterinärmediziner gibt es nicht, denn Reptilien- und Amphibien tauchen im Studienplan so gut wie gar nicht auf und wenn vielleicht als Zusatzweiterbildung wie sie z.B. von der AGARK der DGHT angeboten wird. Allerdings auch hier werden meist die von einigen Praktikern an Reptilien oder Amphibien gestellten Diagnosen und Behandlungen vorgestellt, also im wesentlichen Einzelfallberichte, die je nach individueller Erfahrung bzw. Vorgehensweise mal so und so gehandhabt wurden oder den einen oder anderen Ausgang fanden. Eine systematische Erfassung dieser Einzelbefunde gibt es kaum, so dass auch zukünftig keine zuverlässigen Daten zur Erarbeitung von Leitfäden zur Diagnosestellung und Behandlung zur Verfügung stehen, die an den Nachwuchs oder interessierte Kollegen weitergegeben werden könnten. Sowohl die DGHT als auch andere Verbände betonen immer, dass sie zwar Adressen von „erfahren Spezialisten“ bereitstellen, aber keine Verantwortung für die Qualität übernehmen können, ja es kann noch nicht mal die Garantie für ein Mindestmaß an Standard übernommen werden. Insofern wäre schon wünschenswert im Sinne der Patienten und Klienten, dass Daten zur Erstellung solcher Leitfäden und Richtlinien vorhanden wären, damit wenigstens diese Zusatzausbildung irgendwann einmal auf einem Mindestmaß an praxisorientierten, evaluierbaren Ausbildungskriterien beruht, die ja letztendlich allen weiterhelfen würden. Deshalb halte ich diese Arbeit durchaus für beachtenswert, weil sie ganz klar eine Möglichkeit aufzeigt, solches vielleicht sogar wissenschaftlichen Kriterien standhaltendes Datenmaterial zu sammeln und für entsprechende Evaluationen verfügbar zu machen. Wäre das, wenn sich keine Universität dafür findet, nicht auch eine Aufgabe für die AGARK? Die Alternativen liegen auf der Hand, wenn weitergemacht wird wie bisher, wird man wohl nie über die sporadische „Zur Kenntnisnahme“ von Einzelfallschilderungen hinauskommen. Die Forendiskussionen über Fehldiagnosen würden kaum abnehmen und die Behandlungserfolge bei Schildkröten und anderen Reptilien und Amphibien dürften so schleppend fortschreiten wie bisher. Insofern verstehen Sie vielleicht, dass die vorgestellte Arbeit nicht nur uns Schildkrötenhalter sondern für alle Terrarianer einen wesentlichen Aspekt adressiert, denn es ist doch in unser aller Interesse weniger Geld für die pathologische Befundung von Todesfällen auszugeben.