Afrikanische Schnabelbrustschildkröte, Chersina angulata, – © Hilmar Hufer

Kuchling - 2023 - 01

Kuchling, G. & M. D. Hofmeyr (2023): Facultative Embryonic Diapause and a Transitional Stage Between Oviparity and Viviparity in the South African Tortoise Chersina angulata. – Chelonian Conservation and Biology 2023.

Fakultative Diapause im Embryostadium und ein Übergangsstadium zwischen Oviparie und Viviparie bei der südafrikanischen Landschildkröte Chersina angulata.

DOI: 10.2744/CCB-1567 ➚

Afrikanische Schnabelbrustschildkröte, Chersina angulata, – © Victor Loehr
Afrikanische Schnabelbrustschildkröte,
Chersina angulata,
Fundort: Namaqualand,
Northern Cape, South Africa
© Victor Loehr ➚

Chersina angulata-Weibchen zeigen einen sequentiellen Eisprung und sie legen mehrmals hintereinander ab, wobei meist Gelege mit nur einem Ei vom Herbstbeginn (früher März, Südhalbkugel) über Winter und Frühjahr hinweg bis in den Frühsommer (Dezember) produziert werden. Es spielt keine Rolle wann die Eier gelegt werden, denn sie schlüpfen normalerweise im Herbst (März/April). Beweise basierend auf zufälligen Beobachtungen zeigten, dass wildlebende und in Gefangenschaft gehaltene Weibchen manchmal das letzte Gelege der Saison solange zurückhalten bis die Embryonalentwicklung bis zum Herbst hin abgeschlossen ist, was der akzeptierten Definition einer Viviparie bei Reptilien entsprechen würde. Allerdings wurde der Entwicklungsprozess während des Jahres sowie die Embryonalstadien von frisch abgelegten Eiern zum Ende der Nistsaison nie beschrieben. Wir durchleuchteten alle Eier die zwischen April und Dezember von einer in Gefangenschaft im Außengehege in Cape Town, Südafrika gehaltenen Kolonie von C. angulata abgelegt wurden, um den Entwicklungsfortschritt bei der Embryonalentwicklung abschätzen zu können. Bei allen Eiern die während des Herbsts, Winters und im zeitigen Frühjahr abgelegt wurden (März bis Mitte Oktober) waren dotterassoziierte Blutgefäße zu erkennen, die andeuteten, dass die Embryonalentwicklung bis zum Einsetzen der Somitenbildung fortgeschritten war, die dann später fast zur selben Zeit bis hin zum späten November klar zu erkennen war. Bis Mitte Frühling stoppte die Embryonalentwicklung in den Eiern vor der Somitenbildung und die Embryonen durchliefen eine Diapause bis vermutlich steigende Temperaturen ein Fortschreiten der Entwicklung induzierten. Die Entwicklung verlief dann während des gesamten Sommers weiter bis das Schlupfstadium im Frühherbst erreicht war. Allerdings die Eier die im späten Frühjahr (Mitte Oktober bis November) abgelegt wurden zeigten gar keine Diapause da sie sich ohne Unterbrechung durchentwickelten, was zeigt, dass es sich in Abhängigkeit von der Ablagesaison bei C. angulata um eine fakultative Diapause handelt. Die Durchleuchtung eines Eies welches im späten Dezember abgelegt worden war zeigte, dass schon vor der Ablage die Embryonalentwicklung noch im Muttertier mit einer gut entwickelten dotterassoziierten Blutgefäßversorgung sehr weit fortgeschritten war und zwar bis zum Entwicklungsstadium 12 nach Yntema. Im Gegensatz zu der allgemein akzeptierten Erkenntnis, dass die intrauterine Embryonalentwicklung in der Ordnung der Testudines immer im Gastrulastadium verweilt, erreicht hier die Embryonalentwicklung noch im Muttertier das Stadium der Somitenbildung. Diese phänotypische Plastizität in Bezug auf das Erreichen oder das Ausbleiben einer vor der Eiablage stattfindenden Entwicklungsunterbrechung stellt einen Übergangszustand in der Evolution hin zur Viviparie dar.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Ob es sich um Ooviviparie oder Viviparie handelt überlasse ich den Lesern und halte mich an die von den Autoren gewählten Begriffe. Ansonsten handelt es sich bei der Arbeit um eine sehr interessant erarbeitete Beobachtung die eventuell auch auf andere Schildkrötenspezies zutreffen könnte, denn auch bei Arten wie Asterochelys radiata (Strahlenschildkröte) oder Malacochersus tornieri (Spaltenschildkröte) beobachtet man selbst bei Haltung in menschlicher Obhut, wenn auch selten und meist nur vereinzelt, sehr kurze Inkubationszeiten zwischen Eiablage und Schlupf. Siehe auch Kuchling & Hofmeyer, 2022).

Literatur

Kuchling, G. & M. D. Hofmeyer (2022): Too Hot to Nest? In a Hot Summer the Tortoise Chersina angulata Can Switch From Nesting to Facultative Viviparity. – Frontiers in Ecology and Evolution 9 oder Abstract-Archiv.

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