Giannetto - 2006 - 01

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Giannetto, S., E. Brianti, G. Poglayen, C. Sorgi, G. Capelli, M. G. Pennisi & G. Coci (2006): Efficacy of oxfendazole and fenbendazole against tortoise (Testudo hermanni) oxyurids. – Parasitological Research 100(5): 1069-1073.

Effizienz von Oxfendazol and Fenbendazol gegen Oxyuriden von Landschildkröten (Testudo hermanni)

DOI: 10.1007/s00436-006-0361-2 ➚

36 Landschildkröten (Testudo hermanni) mit natürlich erworbenen Oxyurideninfektionen wurden verwendet, um die antihelmintische Wirkung und Effektivität von Oxfendazole (Dolthene(R); Merial) und Fenbendazole (Panacur(R); Hoechst Roussel Vet) wissenschaftlich zu untersuchen. Die Tiere wurden nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen aufgeteilt (A, B und C), wobei eine Gleichverteilung nach Gewicht und Geschlecht eingehalten wurde. Die Schildkröten der Gruppe A bestanden aus 7 Männchen und 6 Weibchen und diese wurden mit 66 mg/kg Oxfendazol oral behandelt. Die Gruppe B (9 Männchen und 8 Weibchen) wurden oral mit Fenbendazol 100 mg/kg oral behandelt und Gruppe C (3 Männchen und 3 Weibchen) blieben unbehandelt als Kontrollen. Alle Schildkröten wurden einzeln in Plexiglasboxen unter kontrollierten Bedingungen bezüglich der Temperatur, Luftfeuchte und Beleuchtung gehältert und zwar für 7 Tage zur Eingewöhnung und anschließend für die gesamte Versuchsdauer. Der individuell abgesetzte Kot wurde täglich mit der McMaster-Technik analysiert und es wurde die Effektivität der Medikamente anhand der Reduktion der mit dem Kot ausgeschiedenen Eier (FECR) ermittelt. Beide Medikamente zeigten eine 100 %ige Effektivität. Allerdings wurde die maximale Effektivität für Oxfendazol nach 12 Tagen erreicht, während sie für Fenbendazol erst nach 31 Tagen nachzuweisen war. Beide Medikamente wurden bei dieser Dosierung von allen Tieren gut vertragen und es wurden keine negativen Nebenwirkungen festgestellt.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Bei dieser Untersuchung handelt es sich um eine nach wissenschaftlichen Kriterien hervorragend durchgeführten Studie, die auch schon in der Einleitung die entsprechenden Probleme der bis heute praktizierten und empfohlenen Methoden umfassend und kritisch beleuchtet und insbesondere hervorhebt, auf welch „wackeligen“ meist nie richtig an Reptilien getesteten Behandlungsweisen diese beruhen. In Material und Methoden wird ausführlich beschrieben, wie vorgegangen wurde und warum. Zusätzlich ist dort beschrieben, um welche insgesamt 8 Oxyurenspezies es sich handelte, mit denen diese italienischen Farmnachzuchttiere infiziert waren. Ebenso verweisen die Autoren dort, dass die McMaster-Technik nicht ausreichend ist, um alle Helminthen zu erfassen, da es welche gibt, die nur mit anderen Methoden zuverlässig nachzuweisen sind. Für uns alle sollte für die Praxis deutlich werden, wie lange es dauert, bis die ausgeschiedene Eizahl im Kot abnimmt und dass die häufig für Panacur empfohlenen 50 mg/kg in fünf aufeinander folgenden Tagen nicht notwendig sind und eventuell die von Neiffer et al. 2005) beschriebenen Nebenwirkungen gemildert werden können (1× 100 mg/kg sind weniger als 5× 50 mg/kg). Außerdem kommen die Autoren in ihrer Diskussion zu dem eindeutigen Schluss, dass es bei diesen festgestellten Wirkungsverläufen unnötig ist nach 14 Tagen nachzubehandeln, wie dies in zahlreichen Publikationen, die alle aufgelistet sind, empfohlen wird. Somit kann man den Tieren mögliche Nebenwirkungen der Nachbehandlung ersparen (Vorsicht, d.h. nicht, dass auch die Nachuntersuchung einzusparen ist). Die Autoren verweisen aber deutlich darauf, dass man die Halter auf die lange Zeitdauer bis zur Parasiteneliminierung hinweist, damit die Tiere nicht, während sie noch infektiöse Eier ausscheiden, wieder in ihre Terrarien eingesetzt werden bzw. diese nach der entsprechenden Zeit nochmals zu reinigen sind. Außerdem wird klar, warum so viele Halter selbst eine Woche nach der noch oft praktizierten 14-tägigen Wiederholungsbehandlung immer noch den Befund bekommen, dass noch Wurmeier im Kot sind – bei Panacur dauert es halt 31 Tage bei 28-30 °C, bis dieses Ziel bei Landschildkröten erreicht werden kann, wenn es kälter ist dauert es wahrscheinlich noch länger. Sicher eine der lesenswertesten Arbeiten zu diesem Thema, die mir in den letzten Jahren untergekommen ist. Gerade diese Arbeit mit ihrer guten Literaturrecherche und Literaturbeurteilung macht deutlich, wie viel die oft geäußerten Empfehlungen wert sind! Wenn man dann die vehement verfochtenen Argumente in den Foren liest, wo es oft heisst „Dr. Sowieso“ hat aber gesagt oder geschrieben, dann fragt man sich, woher sollte denn „Dr. Sowieso“ seine Erkenntnisse gehabt haben, wenn es doch anscheinend noch gar keine wirklich nach ernstzunehmenden Kriterien durchgeführten Studien gab? Sicher sollte man die persönlichen Erfahrungen praktizierender Ärzte nicht unterschätzen, dem gegenüber sollte man aber auch zu einer kritischen Betrachtung dessen, was einem oft erzählt wird, offen sein und vor allem sollte man nicht Dinge nachplappern und felsenfest behaupten, die man selbst nicht überprüfen oder beurteilen kann. Diese Autoren dieser Studie sind doch auch nicht so dumm, dass sie jetzt erst damit anfangen, ihre wissenschaftliche Karriere mit Arbeiten zu beginnen, die nur längst Bekanntes wiederholen. Insofern haben wohl alle noch einiges dazuzulernen! Auch sollte nicht alles, was Pharmareferenten erzählen, für bare Münze genommen werden, denn sie werden von der Pharmafirma dafür bezahlt, Medikamente zu verkaufen, und der Industrie geht es nur um den Profit, denn sonst wäre auch ein so ausgezeichnetes Mittel wie Welpan nicht vom Markt verschwunden, es war zu gut und es ging dabei nicht um das Wohl der Patienten, sondern nur um Patentansprüche zwischen zwei Konkurrenten und vielleicht auch darum ein zu wirksames Präparat vom Markt zunehmen. Denn Präparate die so wirksam sind, dass sie die Reinfektionsraten zurückgehen lassen, senken den Absatz. Da ist es wohl auf Dauer lukrativer mit etwas weniger effektiv wirkenden Medikamenten in den veterinärmedizinisch gut versorgten Industrienationen die Reinfektionsraten so hoch zu halten, dass auch weiterhin ein stabiler Umsatz garantiert bleibt.

Literatur

Neiffer, D. L., D. Lydick, K. Burks & D. Doherty (2005): Hematologic and plasma biochemical changes associated with fenbendazole administration in Hermann's tortoises (Testudo hermanni). – Journal of Zoo and Wildlife Medicine 36(4): 661-672 oder Abstract-Archiv.