Afrikanische Schnabelbrustschildkröte, Chersina angulata, – © Hilmar Hufer

Spitzweg - 2020 - 01

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Spitzweg, C., M. Vamberger, F. Ihlow, U. Fritz & M. Hofmeyr (2020): How many species of angulate tortoises occur in Southern Africa? (Testudines: Testudinidae: Chersina). – Zoologica Scripta 49(4): 412-426.

Wie viele Arten der Schnabelbrustschildkröte kommen in Südafrika vor?

DOI: 10.1111/zsc.12418 ➚

Afrikanische Schnabelbrustschildkröte, Chersina angulata, – © Victor Loehr
Afrikanische Schnabelbrustschildkröte,
Chersina angulata
Fundort: Namaqualand,
Northern Cape, South Africa
© Victor Loehr ➚

Wir untersuchten unter Anwendung einer verbreitungsgebietsweiten Probennahme und Nutzung von 1,143 bp an mitochondrialer DNS (Cytochrome b -Gen) sowie 14 Mikrosatelliten-Loci die genetische Differenzierung bei der in Südafrika weitverbreiteten Schnabelbrustschildkröte (Chersina angulata). Wir fanden dabei Belege für die Existenz von zwei genealogischen Linien die sich sowohl an Hand der genetischen Markersysteme wie auch aufgrund der unterschiedlichen Bevorzugung von Habitaten unterschieden. Anhand der nach den Fossilien kalibrierten molekularen Uhr die für alle afrikanischen Landschildkrötenevolutionslinien zutrifft zeigte sich nach der Analyse der 1,870 bp mitochondrialer und 1,416 bp nukleärer DNS, dass sich die zwei Linien für C. angulata im Pliozän (ungefähr vor 3.8 Millionenjahren) aufzweigten. Artverteilungsmodelle zeigten zudem, dass sich die Verbreitungsgebiete der zwei Linien seit dem letzten glazialen Maximum (Eiszeit) kaum verschoben haben was übereinstimmt mit den demographischen Populationsparametern die für stationäre Populationen zutreffen und die vermuten lassen, dass es zu keinen Expansionen gekommen ist. Eine Linie tritt im Westen und die andere im Süden des derzeitigen Verbreitungsgebiets auf. Innerhalb der geographischen Kontaktzone kommt es zwischen beiden Linien zu einer intensiven Hybridisierung was ein Beweis für die nahe Verwandtschaft nachdem derzeitigen biologischen Artenkonzept liefert. Jede der Linien ist als distinkte Unterart erkennbar, aber die wenig definierte Herkunft des Typusmaterials das für die Namensgebungen diente verhindert ihre Identifikation mit einem bestimmten Taxon. Unter Berücksichtigung der nukleären, genomischen Marker ergibt sich für die westliche Linie eine Nord-Süd-Strukturierung. Einige genetisch damit nicht übereinstimmende Schildkröten interpretierten wir als durch Menschen umgesiedelte Exemplare. Unsere Studie unterstreicht, dass beschlagnahmte oder aus Gefangenschaftshaltung stammende Landschildkröten mit unbekannter geographischer Herkunft nicht ohne vorherige genetische Zugehörigkeitsprüfung ausgewildert werden sollten, um eine genetische Durchmischung der wildlebenden Populationen zu vermeiden.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese neuen Befunde für die Strukturierung einer Art mit weitem Verbreitungsgebiet und der Besiedlung unterschiedlicher Habitate (Umweltbedingungen) verwundert nicht und zeigt uns auch wieder in wie langen Zeiträumen man dabei zu denken hat (siehe auch Kommentar zu Vargas-Ramírez et al., 2020). Auch die Befunde für eine ausgeprägte Hybridisierung in der ökologischen Übergangszone zwischen den Habitaten deutet an, dass es sich dabei vielleicht nicht nur um ein Zufallsphänomen handelt, sondern dass die besonderen Anpassungs-(Adaptations-)bedingungen in dieser Übergangszone den Hybridindividuen Vorteile bringen könnten (siehe dazu Kommentar zu Chen & Pfennig, 2020, sowie Brito et al., 2020).

Literatur

Brito, C., S. T. Vilaça, A. L. Lacerda, R. Maggioni, M. Â. Marcovaldi, G. Vélez-Rubio & M. C. Proietti (2020): Combined use of mitochondrial and nuclear genetic markers further reveal immature marine turtle hybrids along the South Western Atlantic. – Genetics and molecular biology 43(2): e20190098 oder Abstract-Archiv.

Chen, C. & K. S. Pfennig (2020): Female toads engaging in adaptive hybridization prefer high-quality heterospecifics as mates. – Science 367(6484): 1377-1379 oder Abstract-Archiv.

Vargas-Ramírez, M., S. Caballero, M. A. Morales-Betancourt, C. A. Lasso, L. Amaya, J. G. Martínez, M. das Neves Silva Viana, R. C. Vogt, I. P. Farias, T. Hrbek, P. D. Campbell & U. Fritz (2020): Genomic analyses reveal two species of the matamata (Testudines: Chelidae: Chelus spp.) and clarify their phylogeography. – Molecular Phylogenetics and Evolution 148 oder Abstract-Archiv.

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