Silveira - 2020 - 01

Silveira, M. L., F. M. Quintela, S. Huckembeck & D. Loebmann (2020): Home range in freshwater turtles and tortoises: implications for conservation. – Salamandra 56(1): 48-56.

Das Durchstreifungsgebiet von Süßwasserschildkröten und Landschildkröten: Die Auswirkungen auf die Erhaltungsmaßnahmen.

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Der Gebrauch von Platz bezieht sich auf die Menge und die Qualität des durchstreiften Habitats bei Tieren die eine bestimmte Lokalität besiedeln. Während sich die Menge oder der Begriff Quantität dabei auf den Platzbedarf bezieht den die Tiere für ihre Bewegungsaktivitäten nutzen während der Begriff Qualität sich darauf bezieht nach welchen lokalen Kriterien die jeweiligen Tiere ihr Durchstreifungsgebiet (Home Range) auswählen. Beide Parameter sind von eminenter Wichtigkeit für die Verbreitung und die Häufigkeit (Abundanz) einer Tierart. Testudines (Schildkröten) sind in verschiedensten Regionen verbreitet zu denen auch Gegenden gehören die sehr stark durch den Menschen beansprucht werden wodurch viele Arten bedroht werden. Wir liefern hier eine Übersichtszusammenfassung über die wissenschaftliche Literatur die zwischen 1995 und 2016 publiziert wurde um die taxonomischen und geographischen Verbreitungsmuster in Bezug auf deren Home für Süßwasser- und Landschildkröten zu beschreiben, wobei wir uns insbesondere auf die ökologischen Charakteristika und deren Erhaltungsstatus fokussieren. Wir analysierten dabei deren Ansprüche wie die Größe der Home Range wie auch deren Beziehung zu intrinsischen und extrinsischen Faktoren (Geschlecht, Ernährung, Carapaxgröße, Habitate und Untersuchungsregion sowie deren artspezifischen Erhaltungsstatus. Viele der ausgewerteten Studien beziehen sich auf die nearktische Region und die Emydidae ist dabei, die am häufigsten untersuchte Familie. Wir fanden große Schwankungen für die einzelnen Arten innerhalb einer Familie in Bezug auf die Größen der Home Range. Wobei sich die Ernährung als bestimmender Faktor für die Home Range erwies während das Geschlecht, die Carapaxgröße das Habitat und die Untersuchungsregion keine signifikanten Parameter zur Abschätzung der Home Range lieferten. Der Erhaltungsstatus scheint kein Maß für die Anzahl der durchgeführten Studien zu sein, da die Anzahl an Studien die sich auf gefährdete und ungeschützte Spezies beziehen gleich war. Die Home Range-Größen der bedrohten Arten waren signifikant kleiner als jene der nicht gefährdeten Arten. Wir empfehlen, dass man die Untersuchungsprioritäten auf das Sammeln von Informationen die zur Definition der Erhaltungsstrategien für Spezies notwendig sind, die in wenig untersuchten Gebieten leben die durch Habitatverlust gefährdet sind fokussiert.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Eine Studie die vielleicht eine gute Absicht verfolgt, die aber aufgrund der Fülle an bedrohten Arten und Lebensräumen notgedrungen sehr an der Oberfläche kratzt und nicht wirklich weiterhilft. Wir müssen eigentlich einsehen, dass uns allgemeine Ansätze in Bezug auf artspezifische Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen nicht wirklich weiterbringen. Was ich aber dennoch interessant finde ist zum einen die Erkenntnis, dass die Nahrungsressourcen eine bestimmende Größe in Bezug auf die Lebensraumgröße darstellt (siehe dazu auch Bertolero et al, 2007; Le Gouvello et al., 2020 und die dortigen Kommentare) und zum zweiten die Feststellung, dass uns in Bezug auf die Arterhaltung die taxonomische Artbeschreibung nicht wirklich weiterhilft. Sie kann bestenfalls die Quantität der zu erhaltenen Arten vergrößern aber letzteres hilft uns nicht wirklich weiter, wenn wir es jetzt schon nicht schaffen die Lebensräume (Golden Kroner et al., 2019) und geschweige denn auch noch die überwältigende Anzahl an schon bekannten Arten zu erhalten. Ganz praktisch gefragt wem nutzt es heute noch zu erfahren wie viele Arten es im Regenwald Amazoniens gab, wenn er abgebrannt ist? Wenn man es mal global betrachten will, hat man derzeit den Eindruck, dass Klimaaktivisten und Klimaforscher mehr für den Artenschutz leisten als die Erhaltungsbiologie.

Literatur

Bertolero, A., D. Oro & A. Besnard (2007): Assessing the efficacy of reintroduction programmes by modelling adult survival: the example of Hermann's tortoise. – Animal Conservation 10(3): 360-368 oder Abstract-Archiv.

Golden Kroner, R. E., S. Qin, C. N. Cook, R. Krithivasan, S. M. Pack, O. D. Bonilla, K. A. Cort-Kansinally, B. Coutinho, M. Feng, M. I. Martínez Garcia, Y. He, C. J. Kennedy, C. Lebreton, J. C. Ledezma, T. E. Lovejoy, D. A. Luther, Y. Parmanand, C. A. Ruíz-Agudelo, E. Yerena, V. Morón Zambrano & M. B. Mascia (2019): The uncertain future of protected lands and waters. – Science 364(6443): 881-886 oder Abstract-Archiv.

Le Gouvello, D. Z. M., M. Girondot, S. Bachoo & R. Nel (2020): The good and bad news of long-term monitoring: an increase in abundance but decreased body size suggests reduced potential fitness in nesting sea turtles. -Marine Biology 167(8): 112 oder in Abstract-Archiv.