Kalifornische Gopherschildkröte, Gopherus agassizii, – © H. Bradley Shaffer

Sandmeier - 2018 - 01

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Sandmeier, F.C., C. L. Weitzman & C. R. Tracy (2018): An ecoimmunological approach to disease in tortoises reveals the importance of lymphocytes. – Ecosphere 9(9): e02427.

Ein ökoimmunologischer Zugang zu Krankheiten bei Landschildkröten zeigt die Wichtigkeit von Lymphozyten.

DOI: 10.1002/ecs2.2427 ➚

Kalifornische Gopherschildkröte, Gopherus agassizii, – © H. Bradley Shaffer
Kalifornische Gopherschildkröte,
Gopherus agassizii,
© H. Bradley Shaffer

Wir quantifizierten den Schweregrad der oberen Atemwegserkrankungen (URTD) und die damit in Zusammenhang stehenden immunologischen Parameter (differentielle Anzahl der weißen Blutzellen und das Abtötungspotential gegenüber Bakterien von Blutplasma) im Zusammenhang mit den klimatischen Schwankungen bei 20 Populationen der Mojave-Wüstenschildkröte (Gopherus agassizii). Die Häufigkeit und Infektionsintensität von Mycoplasma agassizii, das auslösende Agens für URTD, wurde zuvor schon für diese Populationen erfasst (Weitzman et al. 2017). Die immunologischen Variablen wurden mittels einer Principal-Komponentenanalyse reduziert und getrennt in die Zellen die eine Entzündungsreaktion auslösen (Inflammation; PC1) und in die Zellfunktionen die durch Lymphozyten und Basophile (PC2) moduliert werden. In Modellen auf dem Niveau der Population war die durchschnittliche Anzahl der Lymphozyten assoziiert mit der durchschnittlichen Anzahl der Tage im Jahr an denen die Temperatur unter dem Gefrierpunkt lag. Die Lymphozyten zeigten auch eine positive Assoziation mit der mittleren Infektionsintensität mit M. agassizii. Zusätzlich war die Häufigkeit von URTD sehr stark assoziiert mit PC1 (Zellen die mit Inflammation (Entzündung) einhergehen). Diese Befunde lassen den Schluss zu, dass mindestens zwei immunologische Strategien gegen M. agassizii eingesetzt werden, wobei eine hauptsächlich auf Lymphozyten setzt und eine zweite die Entzündungsmechanismen mit einbezieht. Kürzlich erfolgte immunologische Untersuchungen an Testudines lassen vermuten, dass ein Großteil der Lymphozyten in diesem Taxon vergleichbar sind mit den B1-Lymphozyten der Säugetiere und sie zeigen auch Phagozytoseaktivität. Es werden kontrollierte Experimente benötigt um die Krankheitsabwehr dieser Lymphozyten bei Wüstenschildkröten genauer zu verstehen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Nun, wie die Autoren selbst anmerken sind zur genauen Abklärung der Mechanismen noch weitere Untersuchungen erforderlich. Allerdings eines ist auch jetzt schon klar, zum einen ist die Immunzellzahl mit von der Temperatur beeinflusst und zum anderen von der Intensität der vorliegenden Entzündungsreaktion. Daraus geht klar hervor, dass erkrankte Schildkröten zusätzliche Abwehrzellen (Leukozyten) bilden müssen und dazu ist Energie und vor allem Protein notwendig, denn sowohl die Lymphozyten wie auch die Antikörper und entzündungsassoziierten Zytokine bestehen aus Aminosäuren und sind Eiweiße. Hier zeigt sich also klar, dass aktive Schildkröten zur Gesunderhaltung Eiweiß benötigen und es völlig falsch wäre aktive Schildkröten eiweißarm zu ernähren. Sicher als wechselwarme und herbivore Spezies brauchen sie weniger tierisches Protein als die karnivoren Arten, aber auf proteinreichere Pflanzenkost und das eine oder andere tierische Lebewesen können sie auch nicht verzichten (siehe Walde et al., 2006). Siehe auch Goessling et al., 2017; Palackdharry et al., 2016; Weitzman et al., 2017; Zimmerman et al., 2017 und die dortigen Kommentare.

Literatur

Goessling, J. M., C. Guyer & M. T. Mendonca (2017): More than Fever: Thermoregulatory Responses to Immunological Stimulation and Consequences of Thermoregulatory Strategy on Innate Immunity in Gopher Tortoises (Gopherus polyphemus). – Physiological and Biochemical Zoology 90(4): 484-493 oder Abstract-Archiv.

Palackdharry, S., B. M. Sadd, l. A. Vogel & R. M. Bowden (2016): The effect of environmental temperature on reptilian peripheral blood B cell functions. – Hormones and Behavior 88: 87-94 oder Abstract-Archiv.

Walde A., M. L. Harless, D. K. Delaney & L. L. Pater (2006): Gopherus agassizii (Desert Tortoise) diet. – Herpetological Review 37(1): 77-78 oder Abstract-Archiv.

Weitzman, C. L., F. C. Sandmeier & C. R. Tracy (2017): Prevalence and Diversity of the Upper Respiratory Pathogen Mycoplasma agassizii in Mojave Desert Tortoises (Gopherus agassizii). – Herpetologica 73: 113-120.

Zimmerman, L. M., A. W. Carter, R. M. Bowden & L. A. Vogel (2017): Immunocompetence in a long-lived ectothermic vertebrate is temperature dependent but shows no decline in older adults. – Functional Ecology 31(7): 1383-1389 oder Abstract-Archiv.

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