Galapagos-Riesenschildkröte, Chelonoidis nigra, wird mit einem Apfel aus der Unterkunft gelockt – © Hans-Jürgen Bidmon

Sadeghayobi - 2011 - 01

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Sadeghayobi, E., S. Blake, M. Wikelski, J. Gibbs, R. Mackie & F. Cabrera (2011): Digesta retention time in the Galápagos tortoise (Chelonoidi nigra). – Comparative Biochemistry and Physiology Part A: Molecular & Integrative Physiology 160(4): 493-497.

Nahrungsretentionszeit bei Galapagosschildkröten (Chelonoidis nigra).

DOI: 10.1016/j.cbpa.2011.08.008 ➚

Galapagos-Riesenschildkröte, Chelonoidis nigra, – © Hans-Jürgen Bidmon
Galapagos-Riesenschildkröte,
Chelonoidis nigra,
wird mit einem Apfel
aus der Unterkunft gelockt
© Hans-Jürgen Bidmon

Die Passagezeit der Nahrung im Verdauungstrakt von Tieren spielt eine wichtige Rolle für die Verdauungsphysiologie. Die Passagezeit beeinflusst die Effizienz des Verdauungsprozesses und bei Herbivoren spielt sie aus ökologischer Sicht eine bedeutende Rolle für die Interaktion von Pflanzen und Tieren, wobei die Herbivorie und die Samenverbreitung zu den Wesentlichsten zählen. Bis heute wurde die fast schon als Ikone zu bezeichnende Galapagosschildkröte, die eine generelle Herbivore von beträchtlicher Größe ist, die saisonale Wanderungen aufweist und als Ökosystem-Ingenieur zu bezeichnen ist, diesbezüglich kaum untersucht. Die potentiell zu erwartenden Nahrungsretentionszeiten könnten durch die ausgeprägten saisonalen und von der Höhenlage bedingten Temperaturgradienten beeinflusst werden, wobei letztere dann auch die Fähigkeit der Schildkröten als Samenverbreiter zu fungieren beeinflussen würde. Ebenso wäre das Ausmaß der Herbivorie (gefressene Pflanzenmenge pro Zeit) davon betroffen. Wir fütterten adulte unter seminatürlichen Bedingungen gehaltene Schildkröten auf Galapagos mit inerten (unverdaulichen) Partikeln und Samen von natürlich vorkommenden Pflanzen und Früchten um zu untersuchen, ob die Samengröße und die Temperatur die Nahrungspassagezeit verändern. Die Passagezeit schwankte zwischen 6 und 28 Tagen bei einem Mittel von 12 Tagen. Die Samengröße hatte keinerlei Einfluss auf die gemessene Passagezeit, allerdings gab es eine inverse Korrelation der Passagezeit mit der Temperatur. Lange Nahrungsretentionszeiten können den Radius der Samenverbreitung durch Galapagosschildkröten vergrößern, was deren Effektivität als Samenverbreiter erhöhen könnte. Die beobachteten Temperatureffekte auf die Verdauung der Schildkröten, die sich während der heißen Tieflandphase und der kühlen Hochlandphase während des Jahreszyklus fast verdoppeln, haben sehr wahrscheinlich einen deutlichen Einfluss auf die Effizienz der Samenverbreitung und beeinflussen wahrscheinlich auch das Spektrum der Nahrungsselektion während der saisonalen Wanderungen der Schildkröten.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Studie belegt, dass auch Galapagosschildkröten eine vergleichbare Darmpassagezeit zu anderen herbivoren Landschildkröten aufweisen (siehe Zusammenstellung Bidmon (2009)). Was, wie von den Autoren angekündigt, in einer weiteren Arbeit noch genauer zu beschreiben wäre, denn auf die Überlebensfähigkeit bzw. Keimfähigkeit der gefressenen und wieder ausgeschiedenen Samen, die ja gerade für die Funktion als Samenverbreiter von besonderem Interesse in Bezug auf die Ökosystemerhaltung ist wurde aktuell noch nicht eingegangen. Siehe auch: Bidmon (2009); Gibbs et al. (2010).

Literatur

Bidmon, H.-J. (2009): Ernährungsgrundlagen und Darmpassagezeiten bei herbivoren Landschildkröten – oder wie selektierende Nahrungsgeneralisten auch unter extremen Bedingungen überleben: Eine Übersicht. – Schildkröten im Fokus 6(1): 3-26 ➚.

Gibbs, J. P., E. J. Sterling & F. J. Zabala (2010): Giant Tortoises as Ecological Engineers: A Long-term Quasi-experiment in the Galapagos Islands. – Biotropica 42(2): 208-214 oder Abstract-Archiv.

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