Pasmans - 2017 - 01

Pasmans, F., S. Bogaerts, J. Braeckman, A. A. Cunningham, T. Hellebuyck, R. A. Griffiths, M. Sparreboom, B. R. Schmidt & A. Martel (2017): Future of keeping pet reptiles and amphibians: towards integrating animal welfare, human health and environmental sustainability. – Veterinary Record 181(17): 450.

Die Zukunft der Haltung von Reptilien und Amphibien als Haustiere.

DOI: 10.1136/vr.104296 ➚

Über die Haltung von exotischen Haustieren wird derzeit stark debattiert und etliche Staatsregierungen loten aus, welche Regulierungen sich zur Kontrolle eignen oder ob ein Verbot der Exotenhaltung angebracht wäre. Die Hauptargumente in der Debatte beziehen sich auf die öffentliche Gesundheit und die öffentliche Sicherheit, gefolgt vom Tierwohl und der Erhaltung der Biodiversität. Die Haltung von Reptilien und Amphibien in Gefangenschaft umfasst alle Aspekte der Haltung exotischer Tiere und etliche Aspekte, die auch für die traditionelle, normale Haustierhaltung gelten. In Bezug auf das Risiko, welches von Haustieren im Allgemeinen ausgeht, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und aufgrund ihrer eigenen Erfahrung (Veterinärmedizin, Haustierhaltung, Erhaltungsbiologie) plädieren die Autoren für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Haltung von Reptilien und Amphibien durch Privatpersonen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Diese Übersichtsarbeit (Review) bezieht aus meist veterinärmedizinischer Sicht alle Argumente und Fragestellungen mit ein, die mit der Haustier- und Exotenhaltung in Zusammenhang stehen. Hier wird auch, wie ich meine, in vernünftiger, vergleichender Weise zwischen den wirklichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Gesundheit bei traditionellen Haustieren und Exoten abgewogen. Es wird dabei klar, dass Exotenhaltung kein erhöhtes Risiko für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit darstellt. Meist sind Unfälle, die von Hunden und Pferden ausgehen, wesentlich häufiger als jene, die im Zusammenhang mit Exoten vorkommen. Lediglich das Gesundheitsrisiko von Salmonellenerkrankungen ist nicht ganz auszuschließen, obwohl auch hier Salmonelleninfektionen durch verunreinigte konventionelle Nahrungsmittel wie Hühnereier dominieren. Ebenso heben die Autoren hervor, dass sich durch die wesentlich verbesserten Fortbildungsmaßnahmen (die auch Hygienestandards miteinbeziehen) die Situation deutlich verbessert hat. Auch die sachgerechte veterinärmedizinische Versorgung von Reptilien hat sich laut der Autoren wesentlich verbessert, sodass das Argument bei der Exotenhaltung könne man dem Tierwohle nicht gerecht werden nicht mehr greift! Zudem hat sich auch begleitend eine Terraristikindustrie entwickelt, die die Beschaffung jeglichen Equipments für eine tierwohlgerechte Haltung ermöglicht. Insofern finde ich diese Arbeit durchaus hilfreich in Bezug auf die Argumentation für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Exotenhaltung. Auch wenn ich aus meiner persönlichen Erfahrung durchaus hervorheben möchte, dass die Ausbildung der Veterinäre in Bezug auf Reptilien und Amphibien immer noch einen großen Nachholbedarf hat. Insbesondere das Verständnis für die Physiologie von wechselwarmen Tieren und die sich daraus ergebenden medikamentösen Konsequenzen für die Therapie wird von vielen kaum verstanden, geschweige denn in der Ausbildung entsprechend vermittelt. Hier ist man immer noch auf die wenigen Veterinäre/innen angewiesen, die sich aus Eigeninteresse mit der Exotenhaltung beschäftigen. Allerdings heißt das ja nicht, dass nicht daran gearbeitet werden kann die Situation aus veterinärmedizinischer Sicht weiter zu verbessern. Insofern plädieren hier die Autoren schon etwas im Sinne ihrer eigenen Zunft, denn ein Wegfall der Exotenhaltung hätte natürlich für manche auch finanzielle Einbußen zur Folge. Andererseits sollte auch klar hervorgehoben werden, welche positiven Konsequenzen eine private Exotenhaltung in Bezug auf die Arterhaltungsbiologie mit sich bringt (siehe Kommentar zu Kuchling 2006). Was mir an dieser Arbeit aber immer noch zu kurz kommt ist der Nachhaltigkeitsaspekt, denn auch heute noch sind in vielen Fällen Wildfänge oder „pseudogefarmte“ Reptilien- und Amphibienimporte die Regel. Diesbezüglich vermisse ich klarere Aussagen dafür den Exotenbedarf nur über Nachzuchten abzudecken (siehe dazu den Kommentar zu Warwick et al., 2017oder Vinke & Vinke, 2015).

Literatur

Kuchling, G. (2006): An ecophysiological approach to captive breeding of the swamp turtle Pseudemydura umbrina. In: Artner, H., Farkas, B. & V. Loehr (Eds.); Turtles: Proceedings of the International Turtle & tortoise Symposium, Vienna 2002. – Edition Chimaira 196-225 oder Abstract-Archiv.

Vinke T. & S. Vinke (2015): Kann und darf Illegales in der Europäischen Union legal sein? – Schildkröten im Fokus, Bergheim 12(1): 30-35 ➚.

Warwick, C., A. Pliny,  M. Jessop, E. Nicholas, P. Arena & A. Lambiris (2017): Future of keeping pet reptiles and amphibians: animal welfare and public health perspective. Veterinary Record 181(17): 454-455 oder Abstract-Archiv.