Dornrand-Weichschildkröte, Apalone spinifera, ein Tier vom Yellowstone und die Crew – © Kayhan Ostovar

Literman - 2017 - 01

Literman, R., S. Radhakrishnan, J. Tamplin, R. Burke, C. Dresser & N. Valenzuela (2017): Development of sexing primers in Glyptemys insculpta and Apalone spinifera turtles uncovers an XX/XY sex-determining system in the critically-endangered bog turtle Glyptemys muhlenbergii. – Conservation Genetics Resources 9(4): 651-658.

Die Entwicklung von geschlechtsbestimmenden Primern bei Glyptemys insculpta und Apalone spinifera zeigte das Vorliegen eines XX/XY-Geschlechtsfestlegungssystem für die hochgradig bedrohte Moorschildkröte, Glyptemys muhlenbergii.

DOI: 10.1007/s12686-017-0711-7 ➚

Moorschildkröte, Glyptemys muhlenbergii, – © Hans-Jürgen Bidmon
Moorschildkröte,
Glyptemys muhlenbergii,
im Aquaterrarium
© Hans-Jürgen Bidmon

Bei den Arten und Entwicklungsstadien von Spezies, bei denen das individuelle Geschlecht nicht zuverlässig anhand von externen morphologischen Merkmalen bestimmt werden kann, können molekulare Marker ein wichtiges Handwerkszeug darstellen. Zum Beispiel um geschlechtsspezifische Entwicklungen und Verhaltensweisen zu studieren die anderweitig nicht erfassbar wären. Hier in dieser Studie generierten wir zwei Sets an PCR-Primern die zur diagnostischen Geschlechtsbestimmung jeweils für die beiden Zielarten mit unterschiedlichen Geschlechtsfestlegungssysten eingesetzt werden können: Die Waldbachschildkröte, Glyptemys insculpta (XX/XY) und die Dornrand-Weichschildkröte, Apalone spinifera (ZZ/ZW). Diese Marker identifizierten die Männchen und die Weibchen mit einer 100 %igen Zuverlässigkeit, was wir anhand von sehr vielen Individuen mit bekannten Geschlecht überprüfen konnten. Zu erwähnen gilt es, dass einer der Marker der für G. insculpta entwickelt worden war, auch zuverlässig für die hochgradig bedrohte Moorschildkröte, Glyptemys muhlenbergii einsetzbar ist, um das individuelle Geschlecht zu diagnostizieren, wobei auch eine 100-ige Zuverlässigkeit belegt werden konnte. Diese Anwendung über die Speziesgrenze hinaus lieferte auch erstmals einen zuverlässigen Nachweis dafür, dass G. muhlenbergii wie G. insculpta ein XX/XY-Geschlechtsfestlegungssystem besitzt. Ein Befund der sowohl aus Sicht der Evolution wie auch für die Arterhaltungsbiologie von Bedeutung ist. In vergleichbarer Weise konnten die Marker für A. spinifera auch erfolgreich zur Geschlechtsbestimmung bei zwei Exemplaren (ein Männchen und ein Weichen) der Chinesischen Weichschildkröte, Pelodiscus sinensis eingesetzt werden, die auch ein ZZ/ZW-System besitzt. Die Beobachtung, dass die Marker über die Artgrenzen hinweg erfolgreich genutzt werden können, eröffnet die Möglichkeit damit auch andere, mit diesen Arten naheverwandte Taxa, in Bezug auf die Geschlechtdiagnose zu untersuchen und zu prüfen ob auch sie entsprechende Geschlechtsausprägungssysteme nutzen. Letzteres sollte dann von Fall zu Fall speziell getestet werden.

Waldbachschildkröte, Glyptemys insculpta, – © Hans-Jürgen Bidmon
Waldbachschildkröte,
Glyptemys insculpta,
adultes Weibchen in Freilandanlage
© Hans-Jürgen Bidmon

Kommentar von H.-J. Bidmon

Hierbei handelt es sich um eine sehr schöne und eindeutige, wenn auch nicht zu schwierige Studie, denn beim Vorliegen von klaren Geschlechtschromosomen sind sogenannte Vaterschafts- bzw. Mutterschaftsnachweise gut etabliert und durchführbar, wenn man erst einmal die spezifischen Marker für eine Art oder eine Gattung hat. Letztere sind nun für diese Arten publiziert und können sicher von jedem darauf spezialisierten Labor hergestellt und eingesetzt werden. Das ist sicher außerordentlich hilfreich in der Erhaltungsbiologie und für Wiederansiedlungsprojekte (siehe Dresser et al., 2017). Es ist aber auch eine gute Sache, wenn man beim Kauf von hochpreisigen Schlüpflingen die paar EURO für eine eindeutige Geschlechtsbestimmung gleich mit zu nutzen, denn das erspart möglicherweise den Kauf von etlichen Nachzuchten, ehe man sich sicher sein kann auch ein Pärchen dabei zu haben.

Literatur

Dresser, C. M., Ogle, R. M. & B. M. Fitzpatrick (2017): Genome scale assessment of a species translocation program. – Conservation Genetics 18: 1191-1199 oder Abstract-Archiv.

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