Kalifornische Gopherschildkröte, Gopherus agassizii, – © H. Bradley Shaffer

Hromada - 2020 - 01

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Hromada, S. J., T. C. Esque, A. G. Vandergast, K. E. Dutcher, C. I. MitchellI, M. E. Gray, T. Chang, B. G. Dickson & K. E. Nussear (2020): Using movement to inform conservation corridor design for Mojave desert tortoise. – Movement Ecology 8(1): 38.

Der Gebrauch von Bewegungsmustern als Informationen zum Design von Erhaltungskorridoren für die Mojave-Wüstenschildkröte.

DOI: 10.1186/s40462-020-00224-8 ➚

Kalifornische Gopherschildkröte, Gopherus agassizii, – © H. Bradley Shaffer
Kalifornische Gopherschildkröte,
Gopherus agassizii,
mit GPS Datenlogger
© Steven J. Hromada

Die Erhaltung von Korridoren für Tierwanderungen und zur Aufrechterhaltung des Genflusses zwischen Populationen kann zur Bestanderholung von bedrohten und gefährdeten Arten beitragen. Da die menschlichen Aktivitäten meistens weitergehen und die Habitatfragmentierung anhält wird die Charakterisierung von nutzbaren natürlichen Verbindungskorridoren immer wichtiger innerhalb einer anthropogen dominierten Landschaftsmatrix. Die Mojave-Wüstenschildkröte (Gopherus agassizii) ist eine gefährdete Spezies die eine Vielfalt von unterschiedlichen Habitaten innerhalb der Mojave- und Colorado-Wüste besiedelt. Wüstenschildkröten sind bekannt dafür, dass sie Korridore nutzen und ein Verständnis dafür wie sie sich innerhalb geeigneter Habitate bewegen kann essentiell für die Festlegung von Erhaltungskorridoren sein um zu gewährleisten, dass ein gewisses Maß an Genfluss zwischen den Populationen innerhalb einer anthropogen genutzten Landschaft erhalten bleibt. Um nun zu untersuchen wie diese Landschildkröten die verfügbaren Habitate durchwandern und wie sie sich gegenüber nicht nutzbarem Terrain und der anthropogenen Infrastruktur verhalten nutzten wir GPS-Datenspeicher zur Dokumentation der Bewegungen von Individuen im Rahmen einer feinjustierten Skala, wobei wir die Bewegungsradien (Home range) an zehn Untersuchungslokalitäten entlang der Grenze zwischen Kalifornien und Nevada untersuchten. Unsere Lokalitäten umfassten vielfältige Habitate einschließlich der Gebirgspässe, die als natürliche Korridore eine wichtige Rolle spielen und die benachbarte Tallagen miteinander verbinden, dabei aber durch eine Vielzahl von linear verlaufenden anthropogenen Strukturen durchzogen werden. Wir nutzen Wege-Auswahlfunktionen um die Wanderungen der Schildkröten aufzuzeigen und wir entwickelten eine Oberflächenmatrix die auf Landschaftsformationscharakteristika basierte, wie natürlichen Bodeneigenschaften, anthropogenen Veränderungen und wir bestimmten darin die Home ranges anhand autokorrelierter Kernel-Dichte-Methoden. Unter Einsatz der am besten unterstützten Wege-Auswahlmethoden und Home range-Abschätzungen definierten wir die Charakteristiken von bekannten natürlichen Korridoren und verglichen sie mit Ersatzkorridoren (Resthabitatflecken), die in die Landmanagemententscheidungen für das Ivanpahtal einbezogen waren. Es stellte sich heraus, dass die Schildkröten steile Hanglagen und Flächen mit niedrigen mehrjährigen Bodenbewuchs vermieden. Ebenso vermieden sie die Bereiche neben Straßen. Sie wanderten aber entlang von linearen Barrieren (Zäunen und Absperrvorrichtungen zur Überflutungskontrolle. Wir fanden somit heraus, dass Mitigation (Wander-)Korridore die zwischen den Photovoltaikparks liegen breit genug sein müssen um die Home ranges der Schildkröten funktionell aufrechtzuerhalten. Die Unterschiede bezüglich der Größen der Home ranges die wir zwischen den untersuchten natürlichen Bergpasskorridoren fanden gehen auch einher mit Unterschieden bei der Genetischen-Konnektivität, was nahelegt, dass nicht alle natürlichen Korridore die gleiche Funktionalität aufweisen. Zudem scheint die Einrichtung von Verbindungskorridoren mit Zäunen zu unbeabsichtigten Konsequenzen zu führen, wenn sie unterschiedlich zu den natürlichen Korridoren funktionieren (verlaufen). Das Verständnis für die Charakteristiken von Korridoren mit unterschiedlicher Funktionalität hilft zukünftigen Managern sicherzustellen, dass die Konnektivität zwischen den Wüstenschildkrötenpopulationen der Mojave erhalten bleibt.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Auch hierbei handelt es sich wieder um eine Arbeit die uns die Bedeutung des Genflusses zwischen den Populationen einer Art verdeutlichen und dass diese Sichtweise essentielle Aspekte der Arterhaltung adressiert und deshalb im Erhaltungsmanagement Berücksichtigung finden muss (siehe auch Averill-Murray & Averill-Murray, 2005; Kelly & Phillips, 2015). Diese Feststellung gilt eigentlich universell und ist weder auf bestimmte Arten oder Lebensweisen (Land/Wasser/Meer) beschränkt (siehe dazu z. B. McGuire et al., 2013, Stiebens et al., 2013). Ja selbst für in der Vergangenheit eher aus Unwissenheit zusammengewürfelte Erhaltungspopulationen zeigte sich laut Scott et al., (2020) klar, dass gerade was die Überlebensfähigkeit unter solch ungünstigen und wahrscheinlich auch überbesetzten artifiziellen Lebensbedingungen angeht die Mischerbigkeit anscheinend die besten Überlebenschancen garantiert. Dabei sollten wir auch nicht vergessen, dass davon wohl im Wesentlichen auch die Gene die für das Immunsystem der jeweiligen Individuen kodieren profitieren (siehe Kommentare zu Elbers et al., 2018).

Literatur

Averill-Murray, R.C. & A. Averill-Murray (2005): Regional-scale estimation of density and habitat use of the Desert Tortoise (Gopherus agassizii) in Arizona. – Journal of Herpetology 39(1): 65-72 oder Abstract-Archiv.

Elbers, J. P., M. B. Brown & S. S. Taylor (2018): Identifying genome-wide immune gene variation underlying infectious disease in wildlife populations – a next generation sequencing approach in the gopher tortoise. – BMC Genomics 19(1): 64 oder Abstract-Archiv.

Kelly, E. & B. L. Phillips (2015): Targeted gene flow for conservation. – Conservation Biology 30(2): 259-267 oder Abstract-Archiv.

McGuire, J. M., K. T. Scribner & J. D. Congdon (2013): Spatial aspects of movements, mating patterns, and nest distributions influence gene flow among population subunits of Blanding’s turtles (Emydoidea blandingii). – Conservation Genetics 14(5): 1029-1042 oder Abstract-Archiv.

Scott, P. A., L. J. Allison, J. F. Kimberleigh, R. C. Averill-Murray & H. B. Shaffer (2020): Individual heterozygosity predicts translocation success in threatened desert tortoises. – Science 370(6520): 1086-1089 oder Abstract-Archiv.

Stiebens, V. A., S. E. Merino, C. Roder, F. J. Chain, P. L. Lee & C. Eizaguirre (2013): Living on the edge: how philopatry maintains adaptive potential. – Proceedings of the Royal Society, Series B Biological Sciences 280(1763): 20130305 oder Abstract-Archiv.

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