Europäische Sumpfschildkröte, Emys orbicularis, – © Hans-Jürgen Bidmon

Ficheux - 2014 - 01

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Ficheux, S., A. Oliviera, R. Faya, A. Crivellia, A. Besnard & A. Béchet (2014): Rapid response of a long-lived species to improved water and grazing management: The case of the European pond turtle (Emys orbicularis) in the Camargue, France. – Journal for Nature Conservation 22(4): 342-348.

Eine schnelle Reaktion einer langlebigen Spezies auf ein verbessertes Wasser- und Beweidungsmanagement: Der Fall der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) in der Camargue, Frankreich.

DOI: 10.1016/j.jnc.2014.03.001 ➚

 Emys orbicularis, Europäische Sumpfschildkröte – © Hans-Jürgen-Bidmon
Europäische Sumpfschildkröte,
Emys orbicularis,
© Hans-Jürgen-Bidmon

Menschliche Aktivitäten wie die agrarwirtschaftliche Landnutzung und das Beweidungsmanagement haben einen bislang nicht geklärten Einfluss auf das Überleben von Populationen. Sicher hat die Beweidung positive Auswirkungen, indem sie die Flächen offen hält, allerdings sorgt die Überweidung auch für eine erhöhte Mortalitätsrate durch das Zertrampeln kleinerer Spezies und deren Mikrohabitate. Für die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) in der Camargue konnte gezeigt werden, dass sich die Beweidung negativ auswirkte. Als Konsequenz daraus wurden neue Managementpläne eingeführt. Wir untersuchten in Folge anhand der Fang-Wiederfang-Methode die Auswirkungen des neuen Managements in Bezug auf die Veränderungen, die sich für die Populationsgrößen ergaben und zwar für die Regionen mit neuem Managementplan und entsprechenden Kontrolllokalitäten mit altem Beweidungsmanagement über 17 Jahre. Die Ergebnisse zeigen, dass sich sowohl die Anzahl der Adulten als auch die der Jungtiere auf den nach neuem Management bewirtschafteten Flächen erhöhte. Unsere Ergebnisse lassen vermuten, dass insbesondere ein neues Bewässerungsmanagement, bei dem die Weideflächen im Herbst überflutet werden, dafür sorgte, dass sich bessere Überwinterungsmöglichkeiten ergaben und dass die damit einhergehende reduzierte Abweideintensität während der Herbst- und Wintermonate das Risiko des Zertretenwerdens senkte. Die Populationsgrößen stiegen schon 4 Jahre nach der Einführung des neuen Managements signifikant an, was möglicherweise mit einer Entspannung bei den Dichte-abhängigen Parametern einherging (in überfluteten Flächen konnten sich die Schildkröten weiträumiger verteilen). Hierbei handelt es sich um ein einzigartiges (originelles) Ergebnis für eine langlebige Art, für die man vermuten würde, dass sie eine lange Zeit braucht, um sich von Habitatstörungen zu erholen.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Ob dieses Ergebnis wirklich so originell ist wage ich zu bezweifeln, denn es gibt auch andere Arbeiten, die ähnliche Befunde vorweisen, wenn auch für andere Arten (Fordham et al., 2009). Allerdings haben alle diese Arbeiten, die solche Ergebnisse für langlebige Schildkröten bislang zeigen konnten, den Befund gemeinsam, dass in solchen Fällen die Habitate immer in Ordnung oder im ursprünglichen Zustand geblieben waren oder wie im obigen Fall wieder hergestellt werden konnten. Es mag nicht von Ungefähr kommen, dass sich gerade in den Überflutungsgebieten der Donauauen auch heute natürliche Sumpfschildkrötenpopulationen erhalten können und auch in deren Delta überleben starke Populationen, obwohl sie dort sogar noch gefangen und gegessen werden (siehe auch Kommentar zu Thompson & Henshilwood 2014). Eigentlich liefert diese Arbeit Erkenntnisse, auf die man beim Artenschutz auch hätte früher schon kommen können, wenn man sich gefragt hätte, was sich nun in unseren Flussauen seit der Zeit, in der solche Arten häufig waren, verändert hat? Das ist ja gerade das, was die „Ökosystemhistoriker“ in ihren Arbeiten – wie ich meine zu Recht – fordern (siehe auch Kommentare zu Gerlach et al. 2008, Saenz-Arroyo et al. 2006).

Literatur

Fordham, D. A., A. Georges & B. W. Brook (2008): Experimental evidence for density-dependent responses to mortality of snake-necked turtles. – Oecologia 159(2): 271-281 oder Abstract-Archiv.

Gerlach, J. (2008): Fragmentation and demography as causes of population decline in Seychelles freshwater turtles (Genus Pelusios). – Chelonian Conservation and Biology 7(1): 78-87 oder Abstract-Archiv.

Saenz-Arroyo, A., C. M. Roberts, J. Torre, M. Carino-Olvera & J. P. Hawkins (2006): The value of evidence about past abundance: marine fauna of the Gulf of California through the eyes of 16th to 19th century travellers. – Fish and Fisheries 7(2): 128-146 oder Abstract-Archiv.

Thompson, J. C. & C. S. Henshilwood (2014): Nutritional values of tortoises relative to ungulates from the Middle Stone Age levels at Blombos Cave, South Africa: Implications for foraging and social behaviour. – Journal of Human Evolution 67: 33-47 oder Abstract-Archiv.

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