Mediterrane unechte Karettschildkröte, Caretta caretta, – © Dimitris Margaritoulis, Archelon

Brothers - 2015 - 01

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Brothers, J. R. & K. J. Lohmann (2015): Evidence for Geomagnetic Imprinting and Magnetic Navigation in the Natal Homing of Sea Turtles. – Current Biology 25(3): 392-396.

Beweise für eine geomagnetische Festlegung und die magnetische Navigation bei geburtsstrandtreuen Meeresschildkröten.

DOI: 10.1016/j.cub.2014.12.035 ➚

Unechte Karettschildkröte, Caretta caretta, – © Hans-Jürgen Bidmon
Unechte Karettschildkröte,
Caretta caretta,
© Hans-Jürgen Bidmon

Die Rückkehr zum Geburtsstrand („natal homing“) ist ein Verhaltensmuster, bei dem die Tiere aus der geografischen Region abwandern, in der sie geboren wurden, dann aber zur eigenen Reproduktion wieder an diesen Ort zurückkehren. Obwohl es verschiedenste Tiere gibt, die über weite Wanderstrecken hinweg eine Rückkehr zum Geburtsort zeigen, ist wenig darüber bekannt, wie sie das schaffen. Dieses Enigma wird bei den Unechten Karettschildkröten (Caretta caretta), die ihre Geburtsstrände als Schlüpflinge verlassen und anschließend die gesamten ozeanischen Becken durchwandern, bevor sie wieder zurückkehren, um an ihrer Geburtsküste zu nisten, auf die Spitze getrieben. Eine der Hypothesen geht davon aus, dass die Schildkröten auf die einzigartige geomagnetische Signatur ihres Geburtsorts geprägt sind, wobei sie dann später diese Information nutzen, um dorthin zurückzukehren. Allerdings ergeben sich über die Zeit Veränderungen im Magnetfeld der Erde und so sollten die auf eine bestimmte magnetische Signatur geprägten Schildkröten auch ihre Nistplätze leicht entsprechend der Magnetfeldverschiebung entlang der Küstenlinie verändern. Um das zu untersuchen, analysierten wir eine Datenbank, in der über 19 Jahre lang die Nistplätze der Unechten Karettschildkröten in der größten nordamerikanischen Nistpopulation erfasst waren. Hier in dieser Auswertung können wir eine sehr deutliche Assoziation von Ablageplatz und Magnetfeldsignatur im Erdmagnetfeld nachweisen, die zeigt, dass es in Einklang mit der subtilen Verschiebung des Magnetfelds auch zu einer Verschiebung der Ablageplätze kommt. Die Dichte der Nester stieg dabei sehr rasch in Regionen an, wo sich die Magnetfeldlinien zu überschneiden begannen, und im Gegenzug nahm die Nestdichte in den Strandregionen ab, wo sich die Magnetfeldlinien auseinander bewegt hatten. Diese Daten bestätigen die zentrale Annahme der Geomagnetischen-Prägungshypothese und liefern deutliche Beweise dafür, dass diese Prägung für die Meeresschildkröten eine wichtige Rolle für das Zurückfinden zum Geburtsort spielt. Die Ergebnisse unterstützen frühere Berichte über eine geomagnetische Prägung, die für Lachse erarbeitet wurden, und legen zudem nahe, dass vergleichbare Mechanismen auch für andere Spezies die Grundlage für die Rückkehr zum Geburtsstrand bilden.

Kommentar von H.-J. Bidmon

Wer sich nie so richtig Gedanken über das Erdmagnetfeld gemacht hat, wird sich fragen, warum es zu solchen Verschiebungen kommt und wieso es dann noch zur Orientierung dienen kann. Die Verschiebungen werden durch das im Erdinneren geschmolzene Eisen bedingt, das seine Lage mit den Magmaströmen verändern kann. Dabei kann es auf sehr lange Zeiträume gesehen zu ziemlichen Abweichungen kommen, so dass sich z. B. der magnetische-Nordpol sogar über mehrere 100 km vom geographischen Nordpol unterscheiden kann. In kürzeren Zeiträumen sind die Verschiebungen geringer, und sie verlaufen, wenn man so will, etwas ungerichtet und nicht linear. Für die Schildkröten, die nach etwa 30 Jahren zum ersten Mal wieder ihren Geburtsort aufsuchen, kann sich dieser also um etliche Meter verlagert haben. Letzteres kann sogar so weit gehen, dass er sich nach landeinwärts verschoben hat und die Schildkröten so gezwungen sind, sich einen entsprechenden Sandstrand in der Nähe zu suchen. Ebenso kann sich der magnetische Geburtsort entlang der Küste so verschoben haben, dass er plötzlich nicht wie früher einen Sandstrand markiert, sondern heute einen felsigen Küstenabschnitt markiert, was wiederum die Schildkröten dazu zwingt, sich einen geeigneten Ablageplatz in der Nähe zu suchen. Sie sehen, also auch hier sind Schildkröten gezwungen, sich den verändernden Umweltbedingungen anzupassen. Was haben also die Autoren in der obigen Arbeit gemacht? Sie haben einfach die Abweichungen der Nistortorte zueinander verglichen und festgestellt, dass die Schildkrötenablageplätze, die früher nach einem Schema x x x x x x entlang der Küste lagen heute xx x x x x xxx x liegen und haben diese mit den Verschiebungen des Magnetfelds für diesen Küstenabschnitt verglichen, und siehe da, die Häufung oder das Auseinanderweichen der Ablageplätze stimmt exakt mit dem derzeitigen Magnetfeldlinien überein. Siehe auch: Fuxjager et al. 2014.

Literatur

Fuxjager, M. J., K. R. Davidoff, L. A. Mangiamele & K. J. Lohmann (2014): The geomagnetic environment in which sea turtle eggs incubate affects subsequent magnetic navigation behaviour of hatchlings. – Proceedings of the Royal Society B-Biological Sciences, 281, DOI: 10.1098/rspb.2014.1218 oder Abstract-Archiv.

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